Ein Streifzug über den Büchermarkt

Von den letzten Dingen und Gott

«Gott ist tot», meinte der Philosoph Friedrich Nietzsche vor über 100 Jahren. Und hatte schon damals Mühe, diesen Gedanken in letzter Konsequenz zu Ende zu bringen. Tatsächlich ist Gott oder zumindest die Suche nach ihm weiterhin ein Thema. Das belegt auch ein Streifzug durch die literarischen Neuerscheinungen dieses Herbstes.

Autor/in:
Joachim Heinz
 (DR)

Erstaunlich viele Publikationen führen den Namen "Gott" bereits im Titel. Und mindestens noch einmal so viele beschäftigen sich mit dem, was die Menschen jenseits ihres eigenen Lebens bewegt. Einen erfrischend unkonventionellen Ansatz pflegt der US-amerikanische Astrophysiker Mario Livio. In seinem Buch über die Grundlagen der Naturwissenschaft stellt er die Frage "Ist Gott ein Mathematiker?" Als Motiv führt der Forscher einen Ausruf seines britischen Kollegen James Jeans ins Feld: "Das Universum scheint von einem Vollblutmathematiker entworfen zu sein." Der Aufbau des menschlichen Nervensystems, der Lauf der Planeten oder das Chaos nach dem Börsencrash: Es ist erstaunlich, wie umfassend sich das Dasein durch Zahlen und Formeln bestimmen lässt. Ob hinter alldem wirklich ein göttlich-mathematisches Mastermind steckt, lässt Livio zwar offen. Aber unterhaltsam und lehrreich ist der von C.H. Beck verlegte Band allemal.



Zu einer Entdeckungsreise in die Welt der Religionen lädt der soeben bei Kunth erschienene Bildband "Paläste des Glaubens" ein. Prächtige Bilder stellen Kathedralen und Synagogen, Tempel und Moscheen vor. Kurze Texte informieren über Baugeschichte und Bedeutung der sakralen Bauten, von denen die Mehrheit christlichen Ursprungs ist.

Bekanntes findet sich darunter wie der Kölner Dom oder das Marienheiligtum in Lourdes. Aber auch vermeintlich Abseitiges wird in Wort und Bild vorgestellt. Zum Beispiel ein architektonisches Wahrzeichen der isländischen Hauptstadt Reyjkjavik. Die evangelische Hallgrimskirkja mit ihrem knapp 75 Meter hohen Kirchturm besteht aus säulenartigen Fassadenelementen, die Erinnerungen an die landestypischen Basaltformationen wecken sollen.



Weiter geht es in den tiefen Süden Europas. "Der Götterbote" ist der Titel des ersten Romans der italienischen Drehbuchautorin Simonetta Poggiali. Darin erzählt die gebürtige Neapolitanerin die Geschichte eines 16-jährigen Jungen, der für die Camorra Schutzgeld eintreibt. "Oben leben die Götter, unten die Sterblichen, die sich wegducken" - so erklärt sich Luigi die Machtverhältnisse seiner Umgebung. Bis eines Tages - natürlich - die Liebe seine Welt ins Wanken bringt.



"Brenner und der liebe Gott"

Der von Knaus veröffentlichte Roman ist beileibe nicht das einzige Beispiel für einen eher spielerischen Umgang mit dem Göttlichen. So führte auch der österreichische Krimiautor Wolf Haas unlängst seinen Kommissar vor den Allerhöchsten. "Brenner und der liebe Gott", erschienen bei Rowohlt, ist allerdings eher etwas für die Freunde des schwarzen Humors.



Wieder näher an den Kern des Themas führt eine Erzählung der US-amerikanischen Autorin Willa Cather. "Der Tod bittet den Erzbischof" ist zwar keine Neuerscheindung im eigentlichen Sinne - der Roman wurde erstmals vor gut 80 Jahren veröffentlicht - aber die "Manesse Biobliothek der Weltliteratur" führt derzeit eine Neuauflage im Programm. Der Roman spielt im Jahr 1850 und erzählt die Geschichte des französischen Priesters Jean Marie Latour, der als Missionar nach New Mexico geht. Der noch unerschlossene "Wilde Westen" gibt die Kulisse ab, vor der die Autorin das Schicksal des Seelsorgers entfaltet.



Wer all das für zu trivial hält, der sollte sich auf jeden Fall den 10. März 2011 im Kalender rot anstreichen. Dann erscheint der zweite Band des Jesus-Buchs von Papst Benedikt XVI. Die deutsche Ausgabe besorgt der Freiburger Herder-Verlag. Man hofft auf eine Fortsetzung des publizistischen Erfolgs von Band 1: Die päpstlichen Ausführungen zum öffentlichen Wirken Jesu wurden inzwischen über 500.000 mal verkauft. Und mit dem Tod und der Auferstehung Jesu dringt der Papst diesmal in das eigentliche Zentrum des christlichen Glaubens vor.