Kirche legt Konzept für Entschädigung von Missbrauchsopfern vor - ohne Angabe konkreter Summen

Keine Fixierung auf Zahlen

Die katholische Kirche hat sich bei ihrem Entwurf für eine finanzielle Entschädigung der Missbrauchsopfer noch nicht auf eine konkrete Summe festgelegt. Die Kirchen wollen sich zusammen mit den anderen Institutionen am Runden Tisch der Bundesregierung auf eine Höhe einigen, damit die Missbrauchsopfer nicht unterschiedliche Summen erhalten.

Autor/in:
Christoph Arens
 (DR)

"Wir spüren, dass die Ungeduld der Opfer wächst", sagt der Trierer Bischof Stephan Ackermann. Die katholische Kirche hat deshalb am Donnerstag beim Runden Tisch der Bundesregierung zum Umgang mit sexuellem Missbrauch ein Konzept zur Entschädigung vorgelegt. Als erste der am Runden Tisch beteiligten Gruppen, wie Ackermann, der Missbrauchsbeauftragter der Deutschen Bischofskonferenz ist, betont. Die Kirche wolle damit "einen Stein ins Wasser werfen" und eine Lösung der lange debattierten Frage vorantreiben. Eine Entscheidung über Entschädigungen dürfe nicht erst gegen Ende der Beratungen des Runden Tisches in der zweiten Jahreshälfte 2011 fallen.



Kritik bei manchen Opfern ist dennoch vorprogrammiert: Denn der Entwurf der Kirche, der von Bistümern und Orden gemeinsam getragen wird, lässt eine genaue Entschädigungssumme erneut offen. Es sei Sache des Runden Tisches, eine Regelung für alle betroffenen gesellschaftlichen Gruppen zu finden, also auch für Sportvereine oder Schulen, sagt Ackermann. Es dürfe nicht dazu kommen, dass durch unterschiedliche Entschädigungssummen bestimmte Opfergruppen herausgehoben oder benachteiligt werden.



Keine Fixierung auf Zahlen

Der Trierer Bischof warnt zudem vor einer Fixierung auf Zahlen: Der Streit um die Hartz-IV-Erhöhung zeige, welche Konflikte das auslöse. Nüchtern sieht Ackermann zugleich, dass keine Regelung eine "totale Befriedung" erreichen könne. "Wichtig ist uns aber, dass wir die Ungerechtigkeit nicht vergrößern, sondern lindern."



Vorgelegt haben die Bischöfe deshalb einen Entwurf, der aus mehreren Säulen besteht: Durch materielle und immaterielle Hilfen will die Kirche zum Ausdruck bringen, dass sie "das Leid der Opfer anerkennt und das Unrecht der Täter verurteilt". Zugleich bekundet sie ihren Willen, den Opfern bei der Bewältigung gegenwärtiger belastender Lebensumstände durch materielle Leistungen schnell und unbürokratisch helfen zu wollen. Und sie will zur besseren Prävention beitragen.



Fonds nur für Prävention

Anders als bei der Entschädigung von Zwangsarbeitern aus der Zeit des Nationalsozialismus seit dem Jahr 2000 setzt die Kirche nur in einem Punkt auf einen Fonds, nämlich für Prävention, mit dem beispielhafte Projekte zur Vorbeugung vor sexuellem Missbrauch gefördert werden sollen. Bei Therapien und Entschädigungen allerdings soll keine anonyme zentrale Stelle der Ansprechpartner für die Opfer sein, sondern die jeweils zuständige kirchliche Körperschaft vor Ort: Zuerst der Täter, dann in zweiter Linie das Bistum, das Kloster oder der Orden.



Vorgesehen ist im Konzept zum einen die mögliche Zahlung eines einmaligen Geldbetrags. Zum anderen soll es Opfern ermöglicht werden, therapeutische Hilfe oder Paarberatung in Anspruch zu nehmen. Außerdem sind Regelungen für individuelle Härtefälle eingeplant. Ackermann betont, dass der Entwurf noch nicht im Detail ausgearbeitet ist. Noch einmal unterstreicht er: Die Kirche setze darauf, dass beim Runden Tisch auch Verbände, Vereine oder der Staat als Dienstherr von Schulen Konzepte vorlegen. Und dass ein gemeinsamer Weg gefunden werden kann.



Mit dem Konzept hat die katholische Kirche einen weiteren Schritt bei der Aufarbeitung des Missbrauchsskandals getan. Ende August hatte sie ihre Leitlinien zum Umgang mit Tätern verschärft. Bei ihrer Vollversammlung vergangene Woche in Fulda verabschiedeten die Bischöfe ein Präventionskonzept, das in allen katholischen Einrichtungen bundesweit umgesetzt werden soll, die sich mit Kindern und Jugendlichen beschäftigen. Als noch ausstehenden Schritt bezeichnete Ackermann die wissenschaftliche Untersuchung: Die Missbrauchsfälle sollten "solide, vergleichbar und verlässlich" aufgearbeitet werden.