Die Arbeit Marco Aranas

Perus grünes Gewissen

Seit vielen Jahren verteidigt Marco Arena die ökologischen und sozialen Rechte der armen Landbevölkerung gegen das größte Goldbergwerk Südamerikas. Für seine Gegner in Peru ist er der «rote Priester», für das US-Magazin «Time» ein «Held der Umwelt». Heute erhält der katholische Geistliche den Aachener Friedenspreis.

Autor/in:
Gerhard Dilger
 (DR)

Mit der Auszeichnung werde vor allem die "kollektive Arbeit der Gemeinschaften in Amazonien und anderen Teilen Perus zur Verteidigung unserer Mutter Erde" gewürdigt, sagte der 47-jährige Arana bescheiden, als er von der Ehrung erfuhr.



Bekannt wurde der katholische Priester durch seinen Einsatz gegen die Goldmine Yanacocha. Seit 20 Jahren verändert der offene Tagebau das Gesicht der Region Cajamarca im Nordwesten Perus: Wo früher grüne Hügel waren, prägen heute metertiefe Krater die Landschaft. Mit hochgiftigem Zyanid lässt der US-amerikanische Bergbaukonzern Newmont den Goldstaub aus den Steinen waschen. Flüsse und Grundwasser werden mit Quecksilber und Arsen verseucht, Kleinbauern verlieren ihre Lebensgrundlage. Der Reichtum geht, die Zerstörung bleibt, wie Arana sagt.



Doch beim Berg Quilish, der für die Wasserversorgung der Stadt Cajamarca und die Landwirtschaft der Region unerlässlich ist, stieß das Unternehmen an Grenzen. Nach heftigen, aber friedlichen Protesten musste der Multi 2004 vorerst die Pläne aufgeben, den Berg abzutragen. Arana, ein besonnener Verfechter des gewaltfreien Widerstandes, hat großen Anteil an diesem Erfolg: Er vermittelte zwischen Tränengaseinsätzen, hielt Gottesdienste und organisierte Unterstützungsaktionen. "Es gibt keinen sauberen Bergbau, es gibt höchsten weniger schmutzigen Bergbau in Ländern, wo er besser kontrolliert wird", sagt er. Mittlerweile versucht Newmont offenbar wieder, sich weitere Gebiete anzueignen.



Theologie in Rom studiert

Der in Cajamarca geborene Arana studierte Theologie in Rom. Nach seiner Rückkehr in die Heimat half er 1993 als junger Priester Kleinbauern, die für das Land entschädigt werden wollten, von dem sie für den Goldabbau vertrieben wurden. Nach Studien der Pädagogik und Soziologie gründete er 2002 die Umwelt- und Menschenrechtsorganisation "Grufides", die auf die Selbstorganisation der Betroffenen setzt. Unter anderem bietet "Grufides" Bauern juristischen Rat und Unterstützung beim Führen von Prozessen.



Sein Engagement stößt immer wieder auf Ablehnung, manchmal schlagen ihm auch Hass und Gewalt entgegen. Bei einer Kampagne gegen seine Organisation wurden 2006 zwei Mitstreiter ermordet. Arana, seine Kollegen und Familie wurden ausspioniert und bedroht. Die Agenten gaben ihm den Codenamen "der Teufel". Hinter dem Einschüchterungsversuch steckte offenbar die Sicherheitsfirma des Minenbetreibers Newmont Mining. Seitdem kann er nicht mehr ohne Leibwächter aus dem Haus. Die kanadischen Journalistin Stephanie Boyd hielt die Ereignisse in ihrem Dokumentarfilm "Wenn die Erde weint" von 2009 fest.



Seine Nähe zur Befreiungstheologie veranlasst konservative Kirchenkreise immer wieder dazu, Arana zu verunglimpfen. Sein härtester Kontrahent ist Kardinal Juan Luis Cipriani, der Erzbischof von Lima, der der erzkonservativen Vereinigung Opus Dei angehört. Im Februar ließ er Arana wegen seines politischen Engagements vom Priesteramt suspendieren.



Mehrere von Aranas Mistreitern sind mittlerweile als Bürgermeister aktiv. Einen grundlegenden Wandel können sie sich jedoch nur auf landesweiter Ebene vorstellen. Gemeinsam reifte der Entschluss, eine Partei zu gründen. 2009 entstand "Land und Freiheit" (Tierra y Libertad), die die Versäumnisse der traditionellen Linken wettmachen will: "Diese war nie wirklich an ökologischen Fragen interessiert, und das Thema der Urvölker hat sie ebenfalls nicht bearbeitet", sagt Arana.



Ob der durchaus pragmatische Theologe die seit dem Bürgerkrieg der 80er Jahre tief gespaltene Linke einen kann, ist allerdings fraglich. Seinen ersten Härtetest in der etablierten Politik muss er im April 2011 bestehen: Dann kandidiert Marco Arana bei den peruanischen Präsidentschaftswahlen. Wie andere linke Staatschefs in Südamerika will er die Macht großer Konzerne, die er mehrmals deutlich zu spüren bekommen hat, beschneiden.