Italien debattiert über das Mindestalter für die Eucharistie

Erstkommunion für Kindergartenkinder?

Wenn von einer Herabsetzung des Mindestalters die Rede ist, geht es zumeist um die Teilnahme an Wahlen oder den Erwerb des Führerscheins. In Italien aber ist eine Debatte über das Mindestalter für die Erstkommunion entbrannt. Der Vatikan scheint bereit zu einer Herabsetzung.

Autor/in:
Thomas Jansen
Erstkommunion (KNA)
Erstkommunion / ( KNA )

Eine der größten Tageszeitungen des Landes, «La Repubblica», widmete diesem Thema am Freitag fast eine ganze Seite; der führende italienische Vatikan-Korrespondent, Andrea Tornielli, verzeichnete auf einen Eintrag in seinem Blog hin mit 400 E-Mails eine außergewöhnlich große Resonanz und auch die Italienische Bischofskonferenz hat sich schon zu Wort gemeldet. Der dort für die Kinder- und Jugendseelsorge zuständige Bischof von Palestrina, Domenico Sigalini, bezeichnete eine Vorverlegung der Erstkommunion als «interessantes Thema», ohne sich jedoch festzulegen.

Ausgelöst hatte die Debatte der Präfekt der vatikanischen Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung, Kardinal Antonio Canizares Llovera. In einem Leitartikel des «Osservatore Romano» hatte sich der frühere Erzbischof des spanischen Toledo am vergangenen Sonntag für eine Herabsetzung des Mindestalters für den Kommunionempfang ausgesprochen.

Die Kinder seien heutzutage schneller reif als früher und wüchsen außerdem immer häufiger in einem Umfeld auf, das dem Christentum ablehnend gegenüber stehe, argumentierte Llovera. Zudem lebten viele Kinder heutzutage in zerrütteten familiären Verhältnissen. Angesichts dieses tiefgreifenden Wandels sei es notwendig, das Mindestalter für die Erstkommunion herabzusetzen, um die Kinder für den Glauben zu gewinnen, hob Llovera hervor. Die vermehrte Praxis, das Alter für die Erstkommunion anzuheben, sei hingegen «nicht empfehlenswert» schrieb der Kardinal.

Anlass für diesen Artikel war der 100. Jahrestag der Festlegung des Mindestalters für die Erstkommunion auf etwa sieben Jahre durch Papst Pius X. (1903-1914)am 8. August. «Das Unterscheidungsalter, sowohl für die Beichte, als auch für die heilige Kommunion ist dann, wenn das Kind zu denken beginnt, das bedeutet, ungefähr ab dem siebten Lebensjahr, manchmal etwas später, jedoch auch früher», heißt es in dem päpstlichen Erlass «Quam singulari». Zuvor waren die Gläubigen zumeist im Alter zwischen 12 und 14 Jahren zur Erstkommunion gegangen.

Pius X. präzisierte mit seinem Dekret die bisher gültige allgemeinere Bestimmung des IV. Laterankonzils im Jahr 1215 in Lyon. Die Erstkommunion durfte demnach jeder Gläubige empfangen, der «zum Alter der Unterscheidung gelangt war», das heißt, seine Vernunft gebrauchen konnte. Zuvor hatte man die Vernunft in diesem Fall noch außen vor gelassen und schon Säuglingen die Erstkommunion gespendet. Um der Gefahr vorzubeugen, dass diese das konsekrierte Brot wieder ausspiehen, bürgerte sich der Brauch ein, die Eucharistie nur in der Gestalt von Wein zu reichen.

Eine einheitliche kirchliche Regelung für das Alter der Erstkommunion gibt es jedoch auch hundert Jahre nach dem Erlass von Pius X. nicht. In Deutschland gehen die meisten Kinder im dritten Schuljahr, das heißt in der Regel im Alter von acht oder neun Jahren zur Kommunion. In Österreich ist die Erstkommunion im zweiten Schuljahr, also zumeist im Alter von sieben oder acht Jahren, üblich. In Italien ist die Praxis ähnlich. In einigen Ländern wird die Erstkommunion allerdings erst im Alter von bis zu 12 Jahren gefeiert.

In einem Punkt scheinen sich in Italien jedoch bislang alle einig zu sein: Die Erstkommunion darf nicht zuerst eine Frage des Alters sein. Entscheidend sind eine eingehende geistliche Vorbereitung und die geistige Reife der Getauften. An eine Rückkehr zur Praxis der Alten Kirche, eine Erstkommunion für Säuglinge, denkt jedenfalls gegenwärtig niemand.