Ökumenische Gedenkfeier für die 21 Toten der Loveparade

Duisburg ist ein Ort der Trauer

Mit einem ökumenischen Gottesdienst haben am Samstag in der Duisburger Salvatorkirche Angehörige, Rettungskräfte und Spitzenvertreter der Politik der Opfer der Loveparade gedacht. Johannes Schönwälder war vor Ort.

 (DR)

Ein Schatten liegt über der Stadt Duisburg an diesem Samstagmorgen. Das liegt nicht am bewölkten Himmel allein. Betroffenheit steht geschrieben auf den Gesichtern der Bürger und derjenigen, die von überall her gekommen sind, um zusammen ihrer Trauer in der Stadt des Loveparade-Unglücks Ausdruck zu geben. Vor genau einer Woche kamen hier 21 Menschen ums Leben.

Sicherheits- und Rettungskräfte aus ganz Nordrhein-Westfalen haben sich an allen Plätzen und Kreuzungen in der Innenstadt platziert. Mehrere hundert Menschen strömen ins Stadion, wohin die zentrale ökumenische Trauerfeier aus der Salvatorkirche auf Großleinwand übertragen wird. Ein großes schwarzes Kreuz ist am Mittelkreis ausgelegt. Andere versammeln sich in Kirchen und auf öffentlichen Plätzen. Sie weinen und liegen sich in den Armen. Es scheint, als ob ganz Duisburg an diesem Tag ein Ort der Trauer ist.

In der Innenstadtkirche haben derweil die Angehörigen und Freunde der Opfer, Mitarbeiter der Rettungsdienste, der Polizei und Notfallseelsorger Platz genommen. Gekommen sind auch Bundespräsident Christian Wulff, Bundestagspräsident Norbert Lammert, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) und weitere Bundes- und Landtagsmitglieder.

"Wir alle ringen um Fassung und suchen nach Trost"
Das Kirchenlied "Aus der Tiefe rufe ich zu Dir: Herr, höre meine Klagen" soll am Beginn gesungen werden. Vielen bricht schon jetzt die Stimme. Sie heften stumm ihre Blicke auf die kleine Gruppe, die das Licht der unzähligen Kerzen aus dem Unglückstunnel am Loveparade-Gelände und das Kondolenzbuch an den Altar tragen.

"Wir alle ringen um Fassung und suchen nach Trost, nach Verstehen und Verständnis", bringt es der Präses der rheinischen Landeskirche, Nikolaus Schneider, auf den Punkt. Das Vertrauen in Gottes Gerechtigkeit und Liebe habe Risse bekommen, gesteht er ein. In überbordende Lebensfreude hinein habe der Tod am vergangenen Samstag "sein schreckliches Gesicht gezeigt". Ihr Gottvertrauen sollten die Trauernden dennoch nicht aufgeben. "Stärker als der Tod ist die Liebe." Und das Leben, das Gott den Menschen geschenkt habe, sei stärker als der Tod.

Intensiver Moment
Er glaube, dass auch das Leid dieser Stunde heilen könne, ist sich auch der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck sicher. Gott habe uns nicht bewahrt vor diesem Leid. Er gebe auch keine Antworten auf viele unserer Fragen. "Und doch heilt er und ist da - für die Toten, für die Verletzten, für die Trauernden, für die Fragenden und auch für diejenigen, die sich der Verantwortung stellen müssen."

Ein intensiver Moment des Innehaltens folgt. Nacheinander wird für jedes der 21 Opfer eine Kerze entzündet und auf den Tisch am Altar zu der großen Kerze und dem Buch mit den Trauerbotschaften gestellt.

Fürbitten
Danach treten Menschen, die am vergangenen Samstag am Loveparade-Gelände geholfen haben, Tote zu bergen und Verletzte zu retten, für die Fürbitten ans Mikrofon. Gebetet wird für die Angehörigen und Opfer, für die Retter und Seelsorger, aber auch für diejenigen, "die nicht so helfen konnten, wie sie es gerne getan hätten". Die letzte Fürbitte gilt jenen, die Verantwortung tragen. "Lass diejenigen, die an Schuld zu zerbrechen drohen, deine Barmherzigkeit erfahren."

Nach dem Schlusssegen tritt die Ministerpräsidentin nach vorn. Als einzige Vertreterin der Politik spricht sie an diesem Ort. Ihr kurzes Statement wird überraschenderweise zum emotionalsten Moment der Feier. Für Trost sei es vielleicht für einige der Hinterbliebenen zu früh. "Wir stehen in dieser Stunde an Ihrer Seite", sagte sie mit stockender Stimme und Tränen in den Augen an die Familien gewandt. Sie könne nachempfinden, was Eltern, Geschwister und Freunde durchlitten hätten. In dem Moment ist die Politikerin ganz Mutter.

Draußen drängen derweil Tausende zum Hauptbahnhof. Hier startet ein Trauermarsch zum Unglücksort im Tunnel. Der aber soll nach Angaben der Polizei gesperrt bleiben. Sie müssen umdrehen angesichts der unzähligen Kerzen und Transparente. Auf einem steht "Hier werdet Ihr immer bei uns sein". Trauer braucht einen Ort.