Am Samstag findet die Trauerfeier für die Opfer der Loveparade statt

Gedenken sieben Tage nach der Katastrophe

Genau eine Woche nach der Katastrophe wird Duisburg der Opfer der Loveparade gedenken. An dem ökumenischen Gottesdienst werden hochrangige Vertreter aus Politik und Kirche teilnehmen. Verantwortliche der Stadt geraten unterdessen zunehmend unter Druck.

 (DR)

Die Trauerfeier findet um 11.00 Uhr in der Salvatorkirche in der Innenstadt statt, wie die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) am Dienstag in Düsseldorf bekanntgab. Daran wird neben zahlreichen Angehörigen und Freunden der Toten nach Angaben des Bundespräsidialamtes auch Bundespräsident Christian Wulff teilnehmen. Eine Sprecherin der Bundesregierung kündigte auch das Kommen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) an. Den Gottesdienst leiten Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck und der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland (EKiR), Nikolaus Schneider.

Übertragung auf Großbildleinwände
Die evangelische Salvatorkirche liegt in der Duisburger Altstadt gegenüber dem Rathaus. Der Gottesdienst wird den Angaben zufolge auf Großleinwände vor der Kirche auf den Burgplatz sowie auf Freiflächen des Innenhafens übertragen. In der nahe gelegenen katholischen Karmel Kirche sollen laut Pressesprecher des Bistums Essen Notfallseelsorger für Trauernde bereitstehen. Hier könne es möglicherweise auch zu einer ungestörten Begegnung der Angehörigen mit Vertretern der Politik und der Kirchen kommen.

Über die weitere Form des Gedenkgottesdienstes berieten die Organisatoren derzeit, hieß es aus der NRW-Staatskanzlei.
Ministerpräsidentin Kraft werde im Anschluss an die von den Kirchen gestaltete Feier «Worte des Gedenkens in stiller Teilnahme des Bundespräsidenten und der Bundeskanzlerin» sprechen.

Bischof und Präses unterbrechen Urlaube
Nach Angaben des Bistums Essen und der evangelischen Kirche kehren sowohl Bischof Overbeck als auch Präses Schneider für die Trauerfeier aus dem Urlaub zurück. Schneider äußerte am Dienstag in einem Beitrag für die «Rheinische Post» in Düsseldorf, es sei ihm unmöglich «Gottes Wirken bei der Loveparade am vergangenen Samstag in meiner Heimatstadt Duisburg in einzelnen Ereignissen zu entdecken». Er sei sich aber sicher, dass Gott die Menschen nicht verlassen habe, «die in der Massenpanik um ihr Leben gefürchtet und gekämpft haben». Er werde auch die nicht verlassen, «die Fehler gemacht haben bei ihrem Planen und Entscheiden».

Overbeck hatte sich am Sonntag bestürzt über die tragischen Ereignisse von Duisburg gezeigt. «Dass so viele junge Menschen, die fröhlich und unbeschwert feiern wollten, ihr Leben verloren haben, erfüllt mich mit großem Schmerz.» In Gedanken und im Gebet sei er bei den Opfern, ihren Angehörigen, Familien und Freunden, so der Bischof.

Loveparade-Veranstalter unter Druck
Die nordrhein-westfälische Landesregierung hält einem Pressebericht zufolge den Veranstalter für die Katastrophe bei der Loveparade in Duisburg für verantwortlich. Der Massenpanik am Samstag, bei der 20 Menschen ums Leben kamen und mehr als 500 verletzt wurden, seien verschiedene Fehleinschätzungen vorausgegangen, schreibt die «Süddeutsche Zeitung» (Mittwochausgabe). Wie die Staatsanwaltschaft Duisburg mitteilte, ermittelt sie in dem Fall gegen Unbekannt wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung. Der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach plädiert derweil dafür, die Genehmigung von Großveranstaltungen wie in Duisburg von der Zustimmung übergeordneter Behörden abhängig zu machen.

Innenminister Ralf Jäger (SPD) will an diesem Mittwoch einen vorläufigen Bericht veröffentlichen, wonach sich der Veranstalter, die Lopavent GmbH um den Fitnessunternehmer Rainer Schaller, mehrfach über Bedenken der Behörden hinweggesetzt habe. Zudem habe der Veranstalter weniger eigene Ordnungskräfte eingesetzt als angekündigt und Vorschläge ignoriert, im Zugangsbereich eine Videoüberwachung zu installieren.

Völlig falsche Berechnungen
Nach Informationen der Zeitung kommen die Sicherheitsbehörden zu der Einschätzung, dass der Veranstalter von völlig falschen Berechnungen ausging, wie sich die Besucherströme auf dem Festivalgelände verteilen würden.

Einziger Zugang zum Gelände war eine Rampe, zu der die Besucher aus zwei nur 16 Meter breiten Tunneln strömten; dort entstand die Massenpanik, bei der 20 Menschen ums Leben kamen. Die vorläufige Ursachenanalyse der Behörden kommt zu dem Schluss, dass sich die Besucher nach Betreten des Festivalgeländes nicht wie erwartet schnell von der Rampe entfernt und auf dem Areal des ehemaligen Güterbahnhofes verteilt haben. Vielmehr sei es im Eingangsbereich zu einem Stau gekommen, der den Druck auf die nachströmenden Gäste weitergegeben habe.

Forderungen nach mehr Sicherheit
Die Polizei habe den Veranstalter zuvor auf diese Problematik hingewiesen, hieß es in Polizeikreisen. Der Veranstalter habe aber lediglich geantwortet, es werde alles reibungslos ablaufen: «Wir haben da unsere Erfahrungen.»

Der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), fordert derweil bundesweit bessere Sicherheitsvorkehrungen für Großveranstaltungen. Er plädierte dafür, bei der Genehmigung solcher Veranstaltungen wie in Duisburg auch übergeordnete Behörden einzuschaltet. «Wenn wir eine solche Zentralisierung vornehmen sollten, dann könnte eine Kommune gegen das Votum des Landes oder der Bezirksregierung kaum eine Genehmigung erteilen.»

Der CSU-Innenexperte Hans-Peter Uhl empfahl, «bei Veranstaltungen mit mehr als 100 000 Teilnehmern sollten die Kommunen eine höhere Ebene einschalten».

Oberbürgermeister schriftlich gewarnt
Nicht nur der Direktor der Berufsfeuerwehr Duisburg, auch ranghohe Polizeibeamte haben Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) vor der Loveparade offenbar schriftlich ihre Sicherheitsbedenken mitgeteilt. «Auf allen Schreiben stand der Briefkopf »Oberbürgermeister«», sagte ein Ermittler dem «Kölner Stadt-Anzeiger» (Mittwochausgabe). Sauerland hatte am Dienstag bestritten, im Vorfeld entsprechende Warnungen erhalten zu haben.

Der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, weist Berichte über Fehler der Polizei zurück und fordert erneut den Rücktritt der politisch Verantwortlichen in Duisburg. «Der Oberbürgermeister und die politisch Verantwortlichen waren geradezu besessen von der Idee, die Loveparade in Duisburg zu veranstalten, dass sie die Warnsignale entweder nicht wahrgenommen oder beiseite geschoben haben», sagte Wendt. Er selbst habe bereits vor einem Jahr gewarnt, dass die Stadt Duisburg ungeeignet sei, da sie zu eng für eine solche Veranstaltung ist. «Damals hat man mich als Spaßbremse und Sicherheitsfanatiker verspottet«, klagte Wendt.