KNA-Chefredakteur rechnet fest mit "Mea culpa" von Benedikt XVI.

"Für vatikanische Verhältnisse fast Bestätigungen"

Wie bereits berichtet, will der Papst offenbar um Verzeihung für den sexuellen Missbrauch katholischer Kleriker bitten. Der Vatikan selber sagt bislang nur, ein "Mea culpa" sei denkbar - für Ludwig Ring-Eifel fast schon eine Bestätigung. Ein zentraler Reueakt sei notwendig, sagt der KNA-Chefredakteur gegenüber domradio.de.

 (DR)

domradio.de: Wie sicher ist das "Mea Culpa"?
Ring-Eifel: Es ist noch nicht ganz sicher, es sind gut informierte Medienquellen in Italien gewesen, die das berichtet haben. Und unser Korrespondent in Rom hat auch Einiges verifizieren können im Vatikan. Man sagt im Vatikan, es sei durchaus denkbar, es sei durchaus wahrscheinlich. Das sind für vatikanische Verhältnisse ja fast schon Bestätigungen. Wir bei der KNA gehen davon aus, dass so was kommen wird und dass zwischen dem 9. und 11. Juli zum Abschluss des Priesterjahres in Rom entweder auf dem Petersplatz oder im Petersdom zelebriert wird.

domradio.de: Über eine Vergebungsbitte wird schon lange diskutiert, viele wünschten sie sich schon im Papstbrief an die Kirche Irlands. Warum jetzt vielleicht doch?
Ring-Eifel: Man muss das als einen Lernprozess sehen. Der Vatikan begreift nach und nach, dass es sich eben nicht nur um eine Reihe von lokalen Brandherden handelt bei diesem Missbrauchsskandal.  Das fing ja an in den 90er Jahren in den USA, dann kam später Australien, dann kam Irland, dann Deutschland. Immer hat man dann lokal mehr oder weniger angemessen reagiert. Und mittlerweile begreift man in der Zentrale der Weltkirche, dass es sich um ein Problem handelt, das wahrscheinlich auf allen Erdteilen eine Rolle spielt. In manchen mehr und in manchen weniger. Und dass man deswegen eben einen zentralen Reueakt setzen muss, um das für die gesamte Weltkirche auch verbindlich zu erklären, dass man sich zur Umkehr bereit erklärt und dass man stellvertretend für die Täter um Vergebung bittet.

domradio.de: Schon 2000 beim "Mea culpa" von Papst Johannes Paul II. hatte es im Kardinalskollegium Bedenken gegeben, die heutige Kirche könne sich nicht für Vergehen früherer Generationen entschuldigen. Wie sieht man das im Fall des sexuellen Missbrauchs?
Ring-Eifel: Da gilt das gleiche wie damals, es ist damals übrigens von Kardinal Ratzinger geklärt worden: Natürlich kann  nicht die Kirche als solche sich schuldig machen, sondern die Schuld liegt immer bei Einzelnen. Aber die Kirche kann insgesamt vertreten durch die Bischöfe und den Papst um Vergebung bitten für das, was Einzelne getan haben. Stellvertretende Schuldbekenntnisse sind insofern theologisch immer etwas problematisch, weil die katholische Theologie nur eine individuelle Schuld kennt. Aber man hat damals schon einen Weg gefunden, das auch als einen zentralen Akt durchzuführen. Und das wird man diesmal ganz ähnlich sein.

domradio.de: Wie muss man sich den Rahmen vorstellen, wenn der Papst zum Abschluss des  Priesterjahrs tatsächlich auf die Missbrauchs-Skandale eingehen würde?
Ring-Eifel: Da wird noch viel hin und her spekuliert. Es könnte bei einer ganz einfachen Fürbitte bleiben, die dort formuliert wird, die stellvertretend vielleicht einer der Kurienkardinäle formuliert. Es könnte auch in einer Art liturgischem Akt sein mit dem Entzünden von Kerzen, die die Opfer symbolisieren. Da sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Ich glaube, das ist aber wichtig, dass der Vatikan in dem Punkt eine Möglichkeit findet, das auch ins Bild zu setzen. Das war ja die große Stärke von Johannes Paul II., dass er wusste, wie man solche Dinge ins Bild setzt, so dass sie auch im Fernsehen weltweit rüberkommen. Das ist eine der Schwächen von Papst Benedikt, dass er mehr in Worten als in Bildern denkt. In dem Fall liegt es eben nicht nur an den Worten, sondern auch an der Inszenierung. Und da wird man noch etwas finden müssen.

Das Gespräch führte Monika Weiß.