Alternative Konferenz in Bolivien soll neuen Schwung in Klimaverhandlungen bringen

Verteidigung der Mutter Erde

Evo Morales rief, und über 35.000 Teilnehmer kamen. Nach dem Scheitern der UN-Klimaverhandlungen in Kopenhagen wurde die "Weltkonferenz der Völker über Klimawandel und Rechte der Mutter Erde" im bolivianischen Cochabamba zum Aufbruchsignal für Umweltschützer aus 142 Ländern.

Autor/in:
Gerhard Dilger
Predigt gerne: Evo Morales (DR)
Predigt gerne: Evo Morales / ( DR )

«Jenseits von Ideologien, Volksgruppen, Ländern und Regionen ist die Verteidigung des Lebens und der Mutter Erde eine Verantwortung aller», deklamierte der bolivianische Präsident zum Abschluss des alternativen Klimagipfels am Donnerstag (Ortszeit). «Vor Kopenhagen gab es dreijährige Diskussionen, die zu keinem Abkommen führten», sagte Morales. «Wir hingegen haben hier drei Tage lang debattiert und wichtige Initiativen verabschiedet, durch die die Welt gerettet werden könnte.»

CO2-Ausstoß bis 2020 halbieren
Die Konferenzteilnehmer forderten die Industrieländer auf, ihren CO2-Ausstoß bis 2020 zu halbieren und sechs Prozent ihres jährlichen Haushalts in einen Weltklimafonds einzuzahlen. Zudem soll in einem weltweiten Referendum darüber abgestimmt werden, ob die Verteidigungsausgaben für den Klimaschutz umgewidmet werden. Schließlich sollten Unternehmen und Regierungen vor einem zu gründenden Weltklimagerichtshof verklagt werden können.

In vielem erinnerte die Großveranstaltung auf dem Campus der Valle-Universität an die Weltsozialforen der vergangenen Jahre:
Hunderte Besucher drängten sich an Ständen vorbei, an denen vegetarisches Essen, Politliteratur oder Kunsthandwerk angeboten wurden. Junge Künstler bemalten eine Stellwand und Folkloregruppen musizierten.

Klimaschulden, Aktionsstrategien oder Waldpolitik
In einem riesigen Auditorium trugen Intellektuelle und Politiker ihre Thesen über Umweltzerstörung und internationale Machtverhältnisse vor. Doch ein paar Schritte weiter herrschte konzentrierte Arbeitsstimmung: In überfüllten Hörsälen wurde in 17 Arbeitsgruppen auf spanisch und englisch über Klimaschulden, Aktionsstrategien oder Waldpolitik gestritten.

Die Ergebnisse, um die teilweise zäh gerungen wurde, flossen in ein zehnseitiges «Abkommen der Völker» ein, das in vielem radikaler ist als die Regierungspraxis der lateinamerikanischen Linksregierungen. So wird der Agrarsektor, der Lebensmittel für den Markt, aber nicht für die Ernährung aller Menschen produziere, als einer der Hauptverursacher des Klimawandel bezeichnet.

Regierungsvertreter aus 47 Ländern
Agrartreibstoffe, Emissionshandel, Gentechnik oder Monokulturen seien allesamt «falsche Lösungen» im Kampf gegen den Klimawandel, heißt es weiter. Durch große Infrastruktur- und Bergbauprojekte würden indianische und bäuerliche Gemeinschaften in ihrer Existenz bedroht.

Auch Regierungsvertreter aus 47 Ländern waren anwesend. Bolivien, Venezuela und Kuba, die sich im Dezember dem nicht bindenden «Kopenhagen-Abkommen» verweigert hatten, wollen die Erklärung von Cochabamba in die UN-Klimaverhandlungen einspeisen - auf dem jüngsten Klima-Treffen in Bonn war dafür der 26. April als Frist gesetzt worden.

Auch Kirchenvertreter beteiligten sich an den Debatten. «Die Konferenz bot Gelegenheit, jenen zuzuhören, die vom Klimawandel am meisten betroffen sind», sagte Guillermo Kerber, der Klimareferent des Weltkirchenrates. Damit werde die Perspektive derjenigen in den Vordergrund gerückt, denen im Verhandlungsprozess der Vereinten Nationen nicht genügend Gehör geschenkt worden sei.