Trotz versöhnlicher Töne aus Ankara schwelt Debatte über deutsch-türkisches Verhältnis weiter

Keine Zugeständnisse beim EU-Beitritt

Trotz versöhnlicher Töne aus Ankara reißt die Debatte über das deutsch-türkische Verhältnis hierzulande nicht ab. Grünen-Chef Cem Özdemir warf Bundeskanzlerin Merkel am Dienstag vor, ihr liege nicht viel daran, "die Türkei im Westen zu verankern". Der Streit um türkische Schulen in Deutschland habe gezeigt, "wie vergiftet das Klima gegenwärtig zwischen Deutschland und der Türkei ist"

Autor/in:
Nicole Scharfschwerdt
 (DR)

Größter Streitpunkt zwischen Deutschland und der Türkei bleibt die Frage eines möglichen EU-Beitritts. Mehrere CDU-Ministerpräsidenten bekräftigten die Haltung ihrer Partei, wonach eine «privilegierte Partnerschaft» einer Vollmitgliedschaft vorzuziehen sei. Auch Merkel hatte dies in Ankara noch einmal betont.

Der baden-württembergische Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) stellte klar, dass ein Beitritt der Türkei zur EU nicht erforderlich sei. Es sei zwar im gegenseitigen Interesse, «dass die EU und die Türkei gute und enge nachbarschaftliche Beziehungen pflegen». Es gebe jedoch Alternativen, die man «endlich ernsthaft und konstruktiv» erörtern müsse. Die EU sollte mit der Türkei jetzt «vorrangig» über diejenigen Kapitel Verhandlungen führen, die keine Vollintegration voraussetzten, sondern für eine privilegierte Partnerschaft von Bedeutung seien.

Auch Sachsens Regierungschef Stanislaw Tillich (CDU) erteilte dem Ruf nach einer Vollintegration eine Absage. Zwar spiele die Türkei international als «Brücke zwischen Europa und dem Orient» eine herausragende Rolle. Doch sei die privilegierte Partnerschaft «der richtige Weg zur Einbindung eines für die EU und Deutschland so wichtigen Partners».

Kritik der SPD
Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz (CDU), hatte sich am Montag hingegen offen gegenüber einem möglichen Beitritt geäußert.

SPD-Vize Olaf Scholz kritisierte die ablehnende Haltung der Union. «Wer die Integration türkischer Migrantinnen und Migranten in Deutschland vorantreiben will, darf die Integration der Türkei in die EU nicht für unmöglich halten», sagte er. Klar sei aber auch, dass die Schulen in Deutschland besser werden müssten. «Junge Migranten müssen spätestens in der Schule - möglichst schon im Kindergarten - Deutsch lernen», sagte Scholz. «Und die Schulen müssen es schaffen, dass alle auch einen Schulabschluss erreichen. Das ist die Aufgabe.»

Versöhnliche Töne
Die Forderung des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan nach türkischen Gymnasien in Deutschland hatte vor Merkels Reise für Ärger gesorgt. Der türkische Premier polterte, Deutschland habe hier die «Zeichen der Zeit» nicht erkannt. Merkel wiederum wies das Ansinnen zurück und rief wiederum die Deutsch-Türken auf, sich besser zu integrieren. Am Montag kamen versöhnliche Töne aus Ankara.

Özdemir sagte, Erdogan habe etwas gesagt, was sich möglicherweise missverständlich angehört habe. «Da greift man zum Hörer unter guten Freunden und sagt, wie hast Du das denn gemeint». Zugleich stellte er klar: Man brauche «sicherlich nicht mehr türkische Gymnasien, sondern mehr Türken in Gymnasien in Deutschland».

Bei Merkels Türkei-Besuch stand am Dienstag unter anderem der Besuch der Deutschen Schule und der Evangelischen Gemeinde in Istanbul auf dem Programm.