Hildesheimer Alt-Bischof Josef Homeyer ist tot

Intellektueller mit Bodenhaftung

Der frühere Hildesheimer katholische Bischof Josef Homeyer ist tot. Er starb am Dienstag in einem Hildesheimer Krankenhaus im Alter von 80 Jahren unerwartet an den Folgen einer Operation, teilte das Bistum Hildesheim mit. Homeyer stand von 1983 bis 2004 an der Spitze des Bistums.

Autor/in:
Sabine Kleyboldt
 (DR)

Glaube und Vernunft, Ökumene und Soziales, Europa und die Kirche vor Ort: Nur einige Schlagworte, die mit dem früheren Hildesheimer Bischof Josef Homeyer eng verknüpft sind. 1988 gründete Homeyer das Forschungsinstitut für Philosophie Hannover (fiph), zwölf Jahre lang war er Präsident der europäischen Bischofskommission COMECE, von 1986 bis 2004 leitete er die Sozialkommission der Deutschen Bischofskonferenz, und 21 Jahre lang stand der weißhaarige Mann mit der markanten Hornbrille dem niedersächsischen Bistum vor.

Auch für Europa aktiv
Als COMECE-Präsident konnte Homeyer sogar entscheidend über Deutschland hinauswirken. Mit ihm gelang es, einen «regelmäßigen Dialog» der Institutionen der Europäischen Union
(EU) mit den Kirchen in den EU-Vertrag einzuschreiben. Auch wenn das Ringen um die Verankerung Gottes im Text vergeblich blieb.

In Deutschland hat Homeyer zudem das sozialpolitische Gesicht der katholischen Kirche maßgeblich geprägt. So trägt das Sozialwort der Kirchen von 1997 seine Handschrift. Der Hildesheimer Bischof war stets ein leiser, doch unbequemer Mahner. Sein Denken war von Karl Rahner und vom Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) geprägt; er erwies sich als gemäßigter und stets quer denkender Konservativer.
Fast visionär klingen heute seine frühen Warnungen vor einer pauschalen Verdammung des Islam, seine Rede vom Ende des Wohlfahrtsstaates und sein Appell an die Eigenverantwortung der Menschen.

Aktion «Friedensgrund» mit Jugendlichen aus West- und Osteuropa
Geboren wurde Josef Homeyer 1929 im westfälischen Harsewinkel als Sohn eines Bauern. Nach dem Theologie- und Philosophiestudium in Münster und Innsbruck und der Promotion folgte 1958 in Münster die Priesterweihe. Anschließend arbeitete er als Dorfkaplan, Landvolk-Seelsorger und Schulreferent in seinem Heimatbistum. Von
1972 bis 1983 war er Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz, zunächst in München, dann in Bonn. Von diesem Managerposten aus wurde er am 13. November 1983 der 69. Bischof von Hildesheim.

Zu seinen Verdiensten zählen in seinem Bistum neben der Gründung des fiph die Einberufung einer Diözesansynode, die Neugründung des Benediktinerklosters Marienrode, die Bolivien-Partnerschaft der Diözese sowie die Aktion «Friedensgrund» mit Jugendlichen aus West- und Osteuropa. Freilich hat Homeyer den rund 660.000 Katholiken in der ostniedersächsischen Diaspora in den letzten Monaten seiner Amtszeit auch einiges zugemutet. Die «Eckpunkte 2020» tragen mit radikalen Maßnahmen der akuten Finanznot im Bistum Rechnung. Diesen Kurs hat sein Nachfolger, Bischof Norbert Trelle, fortgeschrieben:
Die Entscheidung der Diözese, fast jede fünfte Kirche des Bistums zu schließen, weil für deren Unterhalt schlicht die Mittel fehlten, löste Anfang 2008 teils heftige Proteste aus. Schon Homeyer hatte seine Sparpläne als «die härteste Entscheidung meiner Amtszeit» bezeichnet.

Traurige letzte Worte
Eine seiner letzten öffentlichen Stellungnahmen gab es von Homeyer Anfang Februar, ausgerechnet zu den für die Kirche so schmerzhaften Fällen von sexuellem Missbrauch. Die Mutter einer 14-Jährigen hatte dem Bischof 1993 mitgeteilt, ein Priester habe ihre Tochter unsittlich berührt. Nach Bistumsangaben wurde dem Geistlichen die Jugendarbeit untersagt, das Verbot aber nicht konsequent durchgehalten. «Aus heutiger Sicht haben wir die Vorwürfe zu wenig ernst genommen und die Tragweite der weiteren Entwicklungen eindeutig unterschätzt», erklärte Homeyer. «Ich bedaure dies zutiefst.» Traurige letzte Worte eines beliebten Bischofs.