Der Vorsitzende des Sonderausschusses zu Gewalt an den Schulen

"Ein Amoklauf ist keine Kurzschlusshandlung"

Was müssen Schulen tun, um Amokläufen vorzubeugen? Der baden-württembergische Landtag hat einen Sonderausschuss zu Gewalt an Schulen eingerichtet. Der Vorsitzende Christoph Palm erläutert im domradio-Interview die Ziele des Sondersausschusses.

 (DR)

Palm betont, dass Täterprofile und Tatverläufe zu verschieden für einfache Erkennungsmethoden seien. Ein Amoklauf sei aber "keine Kurzschlusshandlung", Pläne entstünden weit vor der Tat. Ausschlaggebend sei die niedere Kränkungsschwelle des Täters. "Dazu kommt ein Ereignis, dass ihn stärker kränkt, als es andere Menschen vermuten würden." Er würde sich dann über andere Amokläufe informieren und dann erst die Tat planen. "Man muss früh genug ansetzen, um einen Amoklauf zu verhindern," betont Palm.

Auf die Frage, wie Früherkennung funktionieren könne, antwortet Palm, dass sich Lehrer und Erwachsene klar werden müssten, dass potenzielle Amokläufer nicht die auffälligen, lauten, und vordergründig gewalttätigen Jugendlichen seien: "Es ist eine große Aufgabe, dass Auffällige im Unauffälligen zu finden." Man müsse genau hinschauen, sich zuwenden und zuhören. Jeder in der Gesellschaft sei aufgefordert, hier seinen Beitrag zu leisten. Palm fordert für Baden-Württemberg eine Verdoppelung der Schulpsychologen und mehr Gewaltpräventionstraining in den Schulen.

"Die Schule muss sich als Gemeinschaft begreifen."
Schüler, Eltern und Lehrer und andere müssten in Sachen Prävention zusammenarbeiten, betonte Palm. Der Landtagsausschuss wolle das durch ein flächendeckendes Gewaltpräventionsprogramm unterstützen. Das Modell des schwedischen Psychologen Dan Olweus würde dabei angewendet. Entscheidend seinen aber auch mehr Stellen bei den Beratungslehrer.

Schulen dürften jedoch keine Festungen werden, sondern sollten Gewalt im Unterricht thematisieren. Der Forderung des Aktionsbündnis Winnenden nach einem restriktiveren Waffengesetz sieht Palm kritisch. "Wir legen einen großen Schwerpunkt auf den Vollzug. Das beste Gesetz nutzt nichts, wenn nicht kontrolliert wird." Beispielsweise habe der Vater von Tim K. seine Waffe nicht vorschriftsgemäß aufbewahrt. Das Effektivste seien verdachtsunabhängige Kontrollen. Palm verwies darauf, dass Waffenbesitzer dadurch weiter sensibilisiert würden.

Besonders positiv fand Palm die Tatsache, dass das ganze Jahr über das Interesse der Medien nicht abgeflaut sei. Ihn persönlich habe bewegt, wie sich die Betroffenen konstruktiv in den Diskurs eingebracht hätten, um zukünftige Gewalt zu verhindern.