Pax Christi verurteilt Verweis der Linksfraktion bei Afghanistandebatte

"Geschäftsordnung darf nicht vor Gedenken gehen"

Die deutsche Sektion der katholischen Friedensbewegung Pax Christi hat den Verweis der Linksfraktion aus dem Bundestag während der Afghanistandebatte verurteilt. "Die Opfer haben unsere Erinnerung verdient", sagt Generalsekretärin Christine Hoffmann im domradio.de-Interview.

 (DR)

domradio.de: Das Mandat ist mit den Stimmen der Bundesregierung und mit breiter Zustimmung auch von Seiten der SPD beschlossen worden. Haben Sie mit diesem doch sehr deutlichen Ausgang des Mandats gerechnet?
Hoffmann: Daran bestand kein Zweifel, das wurde schon im Vorfeld gesagt. Aber sehr deutlich ist auch zu sehen, wie groß die Ablehnung gewesen ist: Es haben diesmal 111 Abgeordnete gegen das Mandat gestimmt und 46 haben sich enthalten! Es bestehen große Zweifel in Deutschland daran, dass dieses Mandat eine richtige Entscheidung war.

domradio.de: Werden die zusätzlichen Soldaten Ihrer Meinung nach benötigt?
Hoffmann: Ich halte die Aufstockung der Truppen für einen großen Fehler, denn es wird von einer Förderung und Stärkung des zivilen Aufbaus gesprochen; und es wird davon gesprochen, dass Exit-Strategie geplant ist - und gleichzeitig werden mehr Soldaten geschickt. Das ist ein absoluter Widerspruch und das falsche Signal. Mehr Soldaten bedeuten: mehr Kämpfe, mehr Tote, mehr Opfer dieses Kriegs, mehr tote Zivilisten. Die ganze Zeit - die acht Jahre, in denen sich die Bundeswehr am ISAF-Mandat beteiligt - ist die Gewalt gesteigert worden. Das ist der falsche Weg, man muss das einfach nüchtern feststellen. Aus der vorgesehenen Schutzfunktion für die zivilien Maßnahmen des Aufbaus sind Kampfhandlungen geworden.

domradio.de: Während der Debatte heute Vormittag im Bundestag ist es zu einem Eklat gekommen. Parlamentspräsident Lammert hat die Abgeordneten der Linksfraktion aus dem Saal verwiesen. Sie waren aufgestanden und hatten Plakate hochgehalten. Darauf: die Namen der Opfer der tödlichen Bombenangriffe Anfang September auf zwei Tanklaster am Kundus. Wie bewerten sie solche Protestaktionen?
Hoffmann: Die Protestaktion war genau das Richtige. Es geht um die Opfer, das sind Opfer eines Militäreinsatzes der deutschen Bundeswehr. Und ich missbillige den Verweis der Abgeordneten aus dem Saal. Geschäftsordnung darf nicht vor Gedenken gehen. Sondern die zivilen Opfer dieses Luftangriffs haben unsere Erinnerung verdient.

Das Gespräch führte Aurelia Plieschke. Hören Sie es hier in voller Länge.