Vor 125 Jahren wurde der Theologe Romano Guardini geboren

Geistige Kompassnadel

Er war bekannt und anerkannt wie kaum ein katholischer Theologe des vergangenen Jahrhunderts: Romano Guardini prägte das weltanschauliche Denken des deutschen Katholizismus nachhaltig. Für die Generationen der beiden Nachkriegszeiten war der vor 125 Jahren, am 17. Februar 1885, geborene Religionsphilosoph eine Art geistige Kompassnadel.

Autor/in:
Franz Meyer
 (DR)

Sein kaum überschaubares religiöses, literarisches und geistliches Werk blieb nie abgehobene Theorie, sondern immer der religiösen Erfahrung des Menschen in seiner konkreten christlichen Existenz verhaftet.

Der brilliante Theologe, begeisternde Professor und charismatische Prediger mit den italienischen Wurzeln wurde in Verona geboren wurde. Sein Vater war ein wohlhabender Großhändler, seine Mutter kam aus dem damals österreichischen Südtirol. Schon kurz nach der Geburt des kleinen Romano zog die Familie nach Mainz; der Vater trat dort das Amt des italienischen Generalkonsuls an. 1903 machte der begabte junge Mann sein Abitur am Humanistischen Gymnasium. Mit dem Studium tat er sich anfangs schwer: Erst versuchte sich Guardini in Tübingen in Chemie, dann wählte er Volkswirtschaft in München und Berlin.

Zur Theologie fand er schließlich 1906 in Freiburg, später in Tübingen. Nach der Priesterweihe 1910 wirkte Guardini als Kaplan im Bistum Mainz, promovierte und arbeitete dann während des Ersten Weltkriegs als Krankenpfleger. Schon 1918 erschien sein Buch, das bis heute ein Klassiker der theologischen Literatur ist: «Vom Geist der Liturgie». Mit ihm setzte er Maßstäbe für die Liturgische Bewegung und prägte damit auch die Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils wesentlich mit.

Die 20er Jahre sahen Guardini als bedeutenden katholischen Intellektuellen. Nach seiner Habilitation 1922 in Bonn zog der Theologe nach Berlin, wo er im protestantischen Umfeld bis zu seiner Zwangspensionierung 1939 Religionsphilosophie und katholische Weltanschauung lehrte. Bekannter noch ist seine Rolle in der katholischen Jugendbewegung «Quickborn» auf der fränkischen Burg Rothenfels, die er zu einer Art Akademie machen wollte.

Während des Nationalsozialismus versuchte er, die geschützte Sphäre der Burg so lange wie möglich aufrecht zu erhalten und musste dazu einige Kompromisse mit den Machthabern schließen, die ihn ab 1934 bespitzeln ließen. 1939 wurde Guardinis Arbeit auf Burg Rothenfels verboten; 1941 erhielt er von den Machthabern auch Redeverbot, an das er sich allerdings nicht hielt. Die Zeit zwischen 1943 und dem Kriegsende verbrachte der Theologe im «Exil» bei seinem Freund Josef Weiger, Pfarrer in Mooshausen im schwäbischen Allgäu. Dort verfasst Guardini die nach dem Krieg veröffentlichte theologisch-politische Besinnung «Der Heilsbringer», in der er wie schon zu Beginn des Dritten Reichs Hitlers Versuch, sich als Heilsbringer zu stilisieren, als totalitaristisch brandmarkte.

Nach 1945 lehrte Guardini drei Jahre lang Religionsphilosophie und Christliche Weltanschauung in Tübingen und ging dann nach München, wo er den gleichnamigen Lehrstuhl bis zu seiner krankheitsbedingten Emeritierung 1962 innehatte. Die letzten Jahre verbrachte der Theologe, an einer schweren Nervenkrankheit leidend, aber noch voller Schaffenskraft, in der bayerischen Landeshauptstadt. Er starb am 1. Oktober 1968.

Bald nach seinem Tod kam die rund 5.000 Bände umfassende Bibliothek des Religionsphilosophen in die Katholische Akademie Bayern, die seit 1970 auch den Romano Guardini-Preis verleiht. Seit 1982 arbeitet das Haus auch den schriftlichen Nachlass des großen Gelehrten wissenschaftlich auf. Bislang sind 43 Bände erschienen.

Derzeit tragen zwei Professuren in Deutschland den Namen des bedeutenden Theologe: der Guardini-Lehrstuhl an der Philosophischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität in München, der sich vor allem mit der europäischen Religionsgeschichte auseinandersetzt. Und die 2004 errichtete Guardini-Stiftungsprofessur für Religionsphilosophie und Katholische Weltanschauung in Berlin.