Hilfswerk beklagt zunehmende Härte - vor allem in Ländern des Islam

100 Millionen verfolgte Christen

Christen werden heute so stark verfolgt, wie noch nie zuvor. Das geht aus einer Untersuchung von "Open doors" hervor. Auf der ganzen Welt werden 100 Millionen Christen verfolgt, so Markus Rode. Im domradio-Interview beklagt der Leiter der deutschen Hilfswerks-Sektion ein schwaches Interesse der Öffentlichkeit an der Entwicklung.

 (DR)

domradio: Stimmt es, sind die Christen weltweit derzeit so verfolgt wie nie zuvor in der Geschichte?
Rode: Wir geben jedes Jahr einen Weltverfolgungsindex raus, der darauf basiert, dass wir die Situation der Christen in den Ländern feststellen, wo Verfolgung am stärksten ist. Und da wir in über 50 Ländern, in denen Christen verfolgt werden, mit eigenen Mitarbeitern vor Ort aktiv sind, haben wir gute Einblicke. Wir sprechen von ungefähr 100 Millionen verfolgten Christen.

domradio: In welchen Ländern ist die Verfolgung besonders hoch?
Rode: Auf Platz eins ist Nordkorea, übrigens schon seit Jahren. Dann gibt es noch auf Platz neun Laos, als zweites kommunistisch orientiertes Land. Alle weiteren Länder - Platz zwei Iran, Saudi-Arabien, Somalia - sind alles Länder, die einen islamischen Hintergrund haben.

domradio: Was sind die Gründe für die Christenverfolgung in diesen Ländern?
Rode: Das muss man differenzieren. In kommunistischen Ländern wird gesagt, dass es keinen Gott gibt; dort will man, dass sich die Menschen der Diktatur beugen. Und Christen sagen natürlich: es gibt einen Gott und folgen Jesus Christus, sie haben also eine klare Orientierung. Außerdem sehen kommunistische Staaten das Christentum als westlichen Einfluss. In islamischen Ländern stellt sich das wieder anders dar: Im Islam ist es so, dass gesagt wird: Jesus haben wir auch im Koran - aber als Propheten. Die Christen aber sagen: Jesus Christus ist der Sohn Gottes, der für die Schuld der Menschen am Kreuz gestorben ist. Das ist aus Sicht des Islam Blasphemie. Und man hat im Islam nicht wirklich eine freie Entscheidung für den Glauben. Wer als Moslem geboren ist, der bleibt Moslem. Und wenn er sich für den christlichen Glauben entscheidet, ist das ein Abfall vom Islam - ein todeswürdiges Verbrechen. Demnach werden besonders diejenigen hart verfolgt, die ehemalige Muslime sind und sich frei für den christlichen Glauben entschieden haben.

domradio: Ist es eine generelle Tendenz, dass Angehörige von Religionen mehr verfolgt werden, oder ist diese Entwicklung auf Christen beschränkt?
Rode: Es gibt natürlich auch die Verfolgung anderer Minderheiten. Das war schon immer so. Aber man muss ganz deutlich sagen, dass gerade die Christen die größte verfolgte Religionsgemeinschaft weltweit sind. Und wir stellen fest, dass - obwohl es ein so großes Maß an Verfolgung gibt und auch eine zunehmende Härte - nur ganz wenig in den Medien darüber berichtet wird - und sich dadurch nur wenige Menschen für diese verfolgten Christen einsetzen.

Das Gespräch führte Stephanie Gebert.