Kardinal Meisner beklagt erneut Umgang der Türkei mit Kirche in Tarsus

Steter Mahner

Der Kölner Kardinal Joachim Meisner hat erneut den Umgang der Türkei mit christlicher Präsenz in Tarsus beklagt. Seit mehr als zwei Jahren kämpfe er vergeblich dafür, dass die Christen die Pauluskirche in Tarsus "permanent zur Verfügung gestellt bekommen", sagte Meisner am Sonntag im Deutschlandfunk (hier nachhören). "Da stimmt was nicht", meinte er. Der Kardinal äußerte sich auch zu den Themen Familie, Politiker und dem Umgang der Deutschen mit dem Papst.

 (DR)


Kardinal Meisner beklagt in dem "Interview der Woche" eine Asymmetrie bei der Religionsfreiheit. Christen würden in muslimischen Ländern, etwa in der Türkei, in ihrem religiösen Leben behindert, sagte der Kardina. In Europa werde gerichtlich geboten, "dass wir Kreuze abnehmen". Daneben gebe es das Urteil des Europäischen Gerichtshofs, wonach eine deutsche Schule einem Muslim einen Gebetsraum zur Verfügung stellen muss.

Meisner unterstrich das Recht der Muslime auf den Bau von Moscheen. Er sei froh darüber das "wir hier Religionsfreiheit haben und dass die Muslime ein Recht haben, große Moscheen zu bauen". Eine ungleiche Behandlung der Religionen führe allerdings zu "Aversionen gegen unsere muslimischen Mitbürger", so der Kölner Erzbischof. Wenn es in Deutschland eine Abstimmung wie in der Schweiz über ein Minarettverbot gebe, so glaube er nicht, "dass die hier viel anders ausfiele". Dies müssten Politiker auch ins Kalkül ziehen. Die Bundesregierung forderte der Kardinal auf, auf Wünsche und auf Unstimmigkeiten im Umgang mit dem Recht auf freie Religionsausübung zu achten.


Kirchen sind Anwalt der Familie
Die Kirchen sind nach den Worten von Kardinal Meisner der Anwalt der Institution Familie. Politiker oder Medien nähmen es gar nicht mehr zur Kenntnis, dass man darüber rede, weil es sich um Selbstverständlichkeiten handele, so Meisner. Er sei aber sehr dankbar, dass viele Bürger dies registrierten und wüssten, was eine Familie sei und davon lebten. Vater, Mutter und Kinder, das habe auch eine religiöse Dimension, an der sich niemand vergreifen dürfe, sagte Meisner weiter. Der Kölner Erzbischof äußerte sich auch zu der Rolle Deutschlands, das als Teil Europas eine Verantwortung für das Gesamtwohlergehen der Weltgemeinschaft habe. Dies gelte aktuell etwa für die Klimapolitik sowie andere globale Fragen.

Politiker als Vorbilder
Politiker müssen sich nach Ansicht Meisners auf ihre Rolle als Vorbild rückbesinnen. Junge Menschen bräuchten Vorbilder, Politiker müssten sich, wie jeder andere Mensch auch, "immer nach dem ausstrecken", was das Evangelium vorgebe. Dabei gehe es nicht nur um Sonntagsreden, sondern um die persönliche Praxis.

Der Kardinal betonte, wenn Christen in der Politik und eine "christliche Partei" danach handelten, bekämen sie auch wieder Rückhalt, gerade auch unter gläubigen Menschen, und würden wieder mehrheitsfähiger als derzeit. So wollten junge Menschen bei der Suche nach Vorbildern ablesen können, "wie Politiker mit ihrem Privatleben umgehen, wie sie mit ihrer Familie leben", und schauten dabei auch auf die großen politischen Aktivitäten.

Meisner sagte, sowohl in der Politik als auch in der Kirche mangele es heute an Bekennermut. Er würde sich manchmal auch bei Bischöfen und manchen Priestern ein offeneres Wort der Kritik wünschen.


Umgang der Deutschen mit dem Papst
Meisner schämt sich für den Umgang der Deutschen mit Papst Benedikt XVI. "Der Papst wird hoch geachtet und geliebt in aller Welt. Und in Deutschland? Ich schäme mich oft", sagte der Kardinal. Bei seinen Aufenthalten in Rom werde er häufig von Kardinälen aus aller Welt gefragt, was denn mit den Deutschen los sei. Darauf könne er oft "gar nichts entgegnen".

Er habe den Verdacht, sagte Meisner, dass sich jene Kreise wieder zu Wort meldeten, die auch dem Theologieprofessor Joseph Ratzinger und späteren Präfekten der Glaubenskongregation widersprochen hätten. Einige Jahre hätten sie sich das nicht getraut. "Seit diesem Jahr schlagen die auf den Papst ein, dass man sich als Deutscher wirklich schämen muss", erklärte der Kardinal. Allerdings sei er überzeugt, dass die Sympathie für den Papst "unter dem Volke Gottes noch groß ist". Die Menschen äußerten das zu wenig, sollten aber die Gelegenheit beispielsweise in Leserbriefen nutzen.