Deutsche Bischöfe wollen Kontakte nach Russland ausbauen

Kaum substantielle Unterschiede

Die katholische Deutsche Bischofskonferenz und das Moskauer Patriarchat der Russisch-Orthodoxen Kirche wollen ihre Beziehungen intensivieren. Darauf verständigten sich beide Seiten bei viertägigen Gesprächen im niederbayerischen Kloster Weltenburg, die am Donnerstag endeten.

 (DR)

Der Dialog, der zuvor elf Jahre unterbrochen war, solle künftig alle zwei Jahre fortgeführt werden, heißt es in einem gemeinsamen Kommunique. Die nächste Gesprächsrunde ist für 2011 in Russland angesetzt.

Der deutsche Delegationsleiter, der Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller, erklärte, die Kirchen wollten Schrittmacher für ein gutes Zusammenleben von Deutschen und Russen sein. Angesichts der historischen Erfahrungen des 20. Jahrhunderts gebe es dazu keine erstrebenswerte Alternative. Die Unterschiede zwischen katholischer und orthodoxer Kirche seien zum allergrößten Teil nicht substanziell.

Im Mittelpunkt der theologischen Beratungen stand das christliche Menschenbild. Beide Seiten betonten im Anschluss ein hohes Maß an Übereinstimmung in ethischen Fragen und in der Auffassung vom Menschen. Gewisse Unterschiede in der ethischen Urteilsbildung gründeten nicht in theologischen Differenzen, sondern in verschiedenen historischen und kulturellen Kontexten.

Der russische Delegationsleiter, Erzbischof Feofan von Berlin, sagte, seine Kirche wünsche kooperative Beziehungen zum Staat.
Angestrebt werde weder eine völlige Trennung von Staat und Kirche noch das Staatskirchenmodell der Zarenzeit. «Wir wollen keine Privilegien», unterstrich der Erzbischof. An den Verhältnissen in Deutschland sei etwa der konfessionelle Religionsunterricht in den Schulen, aber auch die staatliche Finanzierung kirchlicher Sozialeinrichtungen attraktiv. Das deutsche Modell werde aber nicht einfach auf Russland übertragbar sein.

In dem Kommunique wird festgehalten, dass Kirche und Staat unterschiedliche Kompetenzen hätten, aber bei der Sorge um das Gemeinwohl auf Kooperation angewiesen seien. «Die Kirche muss sich einsetzen für die Schwachen und die Stimmlosen in der Gesellschaft», heißt es. Erzbischof Feofan sagte, seine Kirche müsse mit russischen Staatsbeamten häufig «einen Riesenkampf» führen, wenn sie Sozialeinrichtungen wie Kinder- oder Altenheime gründen wolle. Finanziell funktioniere dies oft nur dank der Unterstützung durch westliche Kirchen.

Der Moskauer Erzpriester Igor Vyzhanov sagte, das größte Problem in Russland sei ein «neuer Materialismus». Anders als im Westen häufig angenommen, hätten die Kommunisten nur noch sehr wenig Einfluss auf die Gesellschaft. Inzwischen strebten jedoch viele Menschen, vor allem die 30- bis 40-Jährigen, nach Geld, Macht und Spaß, was ein großes Hindernis für die Verkündigung der Kirche sei. «Die Leute können sich dabei durchaus als Christen verstehen, aber de facto leben sie in ihrem Alltag schlimmer als es die atheistischsten Kommunisten taten», erläuterte der Sekretär für zwischenkirchliche Beziehungen im Außenamt des Patriarchats.