Ausstellung zeigt spektakuläre Auswahl mittelalterlicher Marienstatuen

Schönheit als Sinnbild der geistigen Reinheit

Maria und Jesus haben offenbar zusammen viel Spaß. Lächelnd berührt die Madonnenfigur mit der rechten Hand die Fußsohle des Kindes, als ob sie es kitzelt. Der Säugling lacht und rudert mit den Armen. Die um 1380 entstandene Marienstatue aus dem Metropolitan Museum of Art in New York ist eines der herausragenden Exponate der Ausstellung "Schöne Madonnen am Rhein", die ab Donnerstag im Rheinischen Landesmuseum in Bonn zu sehen ist.

Autor/in:
Claudia Rometsch
 (DR)

Mit der Auswahl rund 60 mittelalterlicher Marienfiguren sei es gelungen, eine «Versammlung von Highlights» nach Bonn zu holen wie sie in dieser Form einzigartig sei, sagt Ausstellungsleiter Lothar Altringer. Bei den Statuen handelt es sich um Madonnen des «schönen Stils», die um das Jahr 1400 entstanden. In dieser von Epidemien und Kriegen gezeichneten Zeit stand das Marienbild im Mittelpunkt der europäischen Kunst.

In der Geschichte des Marienbildes stellen die Jahrzehnte vor und um 1400 einen Höhepunkt dar. Sie sind Ausdruck der zeitgenössischen Frömmigkeit. Der Begriff der «schönen Madonna» steht für einen bestimmten Typus der Marienfigur, die das Kind liebevoll mit der linken Hand umfasst und in weite, fließende Gewänder gekleidet ist.

Dem Landesmuseum gelang es, die Kerngruppe der rheinischen Marienstatuen um 1400 nach Bonn zu holen. Unter den Exponaten befindet sich auch die «Madonna aus Oberwesel» und eine Marienfigur aus der Sammlung Thyssen-Bornemisza aus dem Kölner Museum Schnütgen. Die Leihgaben stammen nicht nur aus dem Rheinland, sondern auch aus dem europäischen Ausland, etwa aus Frankreich, der Schweiz, Österreich oder Polen.

Eine kitzelnde Marienfigur
Die Madonna aus New York ist nicht nur die am weitesten gereiste Figur, sondern auch ein besonders kurioses Stück. Denn sicher hatte der Künstler nie die Idee, eine kitzelnde Marienfigur zu schaffen. Doch die rechte Hand der Madonna und das rechte Bein des Kindes gingen offenbar verloren und wurden irgendwann ersetzt. Ursprünglich zeigte das Jesuskind wohl seinen Fuß als Andeutung der bevorstehenden Nageldurchbohrung vor. Die Figur ist ein Beispiel für ein Dauerproblem, das die Ausstellungsmacher in Bonn hatten. «Es gibt kaum Figuren, die noch so sind wie sie geschaffen wurden», sagt Co-Kuratorin Gunde Suckale-Redleffsen.

Die Ausstellung berücksichtigt dies, indem sie auch der Restaurierung von Madonnen ein Kapitel widmet. Auch die nicht seltenen Fälschungen mittelalterlicher Figuren werden thematisiert. Bei der Sichtung und Restaurierung von Statuen machte das Landesmuseum jedoch die umgekehrte Erfahrung. Eine Figur, die ursprünglich für eine Fälschung aus dem 19. Jahrhundert gehalten wurde, erwies sich als echt. Dabei handelt es sich um einen sogenannten «Gnadenstuhl», eine Darstellung der Dreifaltigkeit, die bislang ein Schattendasein in den Archiven des Museums führte.

Bei den Recherchen für die Ausstellung entdeckten Kurator Robert Suckale und seine Frau Gunde Suckale-Redleffsen auch manches bislang unbekannte Stück. Die Kuratoren seien viel gereist, um jedes einzelne Objekt in Augenschein zu nehmen, sagt Altringer. Dabei hätten sie eine Reihe von Statuen in Kirchen und Klöstern von Köln bis Würzburg gefunden, die bislang noch unbekannt waren. Sie werden in Bonn erstmals einer größeren Öffentlichkeit präsentiert.

Neubewertung der Kunstwerke
Ziel der Ausstellung sei es, eine Neubewertung dieser Kunstwerke anzuregen, sagt Suckale. Bei den Statuen handele es sich um mehr als reine Marienbilder. Vielmehr spiegelten sich in den Madonnen die gesamten damaligen politischen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Verhältnisse im Rheinland.

Die äußerliche Schönheit der Marien- und Jesuskind-Darstellungen werde häufig lediglich als Zeugnis des Schönheitsideals dieser Zeit betrachtet, sagt Suckale. Allerdings habe die körperliche Schönheit damals eher als Sinnbild für die geistige Reinheit gestanden. Maria sollte Eva an Schönheit überbieten. Durch ihre Reinheit sollte sie das Schlechte, das Eva über die Menschheit gebracht hat, wieder zum Guten wenden. Besonders deutlich wird das durch Mariendarstellungen, in denen das Jesuskind einen Apfel in der Hand hält.

Begleitend zur Ausstellung werden zahlreiche Vorträge und Lesungen angeboten, unter anderem in Zusammenarbeit mit dem Evangelischen Forum und dem Katholischen Bildungswerk. Die Ausstellung ist bis zum 25. April zu sehen.

Info: Die Ausstellung ist geöffnet am Dienstag, Donnerstag, Freitag, Samstag und Sonntag von 10 bis 18 Uhr sowie am Mittwoch von 10 bis 21 Uhr.