Die Deutsche Aids-Hilfe zu den Zahlen der UN

"Man schätzt auf dünnem Eis"

In diesem Jahrzehnt haben sich UN-Angaben zufolge immer weniger Menschen mit dem HI-Virus angesteckt. Armin Schafberger von der Deutschen Aids-Hilfe warnt im domradio-Interview dennoch vor zu großer Euphorie. Die Zahlen der Vereinten Nationen beruhten auf Schätzungen. Insgesamt sei die Situation nach wie vor ernst.

 (DR)

2008 hätten sich 2,7 Millionen Menschen mit dem Aids-Erreger infiziert, im Jahr 2001 waren es noch 3,2 Millionen Menschen, teilten UNAIDS und die Weltgesundheitsorganisation (WHO) am Dienstag in Genf in ihrem Jahresbericht mit. Dies sei ein Rückgang um 17 Prozent. Grund seien vor allem Vorbeugungsmaßnahmen wie der Gebrauch von Kondomen.

Zudem erhielten nach Angaben der UN-Organisationen immer mehr schwangere Frauen Medikamente, damit sie den Aids-Erreger nicht auf ihre ungeborenen Kinder übertragen. Eine solche Behandlung wurde 2008 45 Prozent der HIV-positiven Schwangeren zuteil, 2007 waren es zehn Prozent weniger. "Das sind gute Nachrichten", sagte der Direktor von UNAIDS, Michel Sidibé. Allerdings müssten noch mehr Menschen von den Programmen profitieren.

Die Zahl der Neuinfektionen ging dem Bericht zufolge in fast allen Regionen zurück. In Afrika südlich der Sahara verzeichneten die Experten von 2001 bis 2008 ein Minus bei den Neuansteckungen um 15 Prozent. In diesem Gebiet leben weltweit die mit Abstand meisten HIV-Infizierten: 2008 waren es über 22 Millionen.

Weltweit gibt es 33,4 Millionen HIV-positive Frauen, Männer und Kinder. Das sei die höchste jemals festgestellt Zahl an Infizierten, hieß es im Bericht. Ein Grund dafür sei die längere Lebenserwartung der Erkrankten. Im Jahr 2008 hätten in den armen Ländern bereits vier Millionen Menschen Zugang zu einer lebensverlängernden antiretroviralen Medizin gehabt. Diese Therapie bremst die Ausbreitung des Aids-Erregers im Körper. Die Experten schätzen, dass seit der Einführung der Therapie rund 2,9 Millionen Menschen vor einem vorzeitigen Aids-Tod bewahrt wurden.

"Anstrengungen verdoppeln und noch mehr Leben retten"
Allerdings erhalten deutlich weniger als die Hälfte der Bedürftigen eine antiretrovirale Therapie. Den Angaben nach werden nur 38 Prozent aller Kinder, die eine Therapie bräuchten, behandelt. "Jetzt ist es an der Zeit, unsere Anstrengungen zu verdoppeln und noch mehr Leben zu retten", forderte WHO-Direktorin Margaret Chan.

Im vergangenen Jahr standen insgesamt fast 16 Milliarden US-Dollar für den Kampf gegen Aids bereit. Die Experten kalkulieren, dass 2010 rund 25 Milliarden US-Dollar nötig sein werden, um die bestehenden Anti-Aids-Programme weiter laufen zu lassen. Ein Grund für den erhöhten Bedarf ist die wachsende Weltbevölkerung. Seit Beginn der Aids-Epidemie haben sich den Angaben nach 60 Millionen Menschen mit HIV infiziert. Rund 25 Millionen Menschen starben an den Folgen der Ansteckung. Laut WHO und UNAIDS wird Aids auch in den kommenden Jahren eine der häufigsten Todesursachen weltweit bleiben.

In Deutschland gibt es Ende 2009 nach Schätzungen des Robert-Koch-Instituts etwa 67.000 HIV-infizierte oder aidskranke Menschen. Unter diesen stellen homosexuelle Männer mit 41.400 die größte Gruppe. 3.000 neue Infektionen wurden bislang 2009 registriert. Die Zahl der gemeldeten Neudiagnosen ist seit etwa drei Jahren stabil.