Christliche Gewerkschaft wünscht sich Wirtschafts-Engagement der Kirchen

"Die müssen wieder mehr nach vorne"

Unter dem Motto "Weltfinanz- und Wirtschaftskrise - Chancen zur Erneuerung" traf sich am Freitag in Köln die Christliche Gewerkschaft Metall zu ihrer Jahrestagung. Im domradio-Interview sprach der CGM-Bundesvorsitzende Detlef Lutz vorher über Erwartungen an die Kirchen, das christliche Profil und die 110-jährige Tradition der Gewerkschaft.

 (DR)

domradio: "Weltfinanz- und Wirtschaftskrise - Chancen zur Erneuerung?" lautet das Thema Ihrer Versammlung. Worum geht es da?
Lutz: Wir haben wir hier rund 400 Betriebsräte aus den Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie, die in ihren Betrieben von zum Teil unkontrollierbaren Finanzgebaren betroffen sind, von Invest- und Beteiligungsgesellschaften, von Gesellschaft, die diese Unternehmen erwerben und zum Teil erheblich auch Arbeitsplätze abbauen. Und wir wollen auf die Probleme, die dort entstanden sind, antworten.

domradio: Worin unterscheiden sich christliche Gewerkschaften von den anderen?
Lutz: Wir stehen stark in der Tradition, gegründet wurden wir 1899 von Menschen, die aus sehr stark religiösen Motiven in die Gewerkschaftsarbeit gegangen sind. Und dieser Tradition sind wir treu geblieben. Das Menschenbild unterscheidet uns möglicherweise von anderen Gewerkschaften. Wir setzen sehr stark auf das Individuum, während andere sehr stark auf die Masse setzen.

domradio: Sehen Sie auch in der Katholischen Soziallehre Antworten auf die aktuelle Weltwirtschaftskrise?
Lutz: Nicht unmittelbar, wir basieren auf den Grundsätzen der Katholischen Soziallehre ebenso wie auf denen der Evangelischen Sozialethik. Insgesamt müsste beides eine größere Rolle spielen, um wirklich Antworten finden zu können für die aktuelle Krise. Fragen wie "Wie definieren wir Arbeit?" oder die Frage, die unseren Gründer beschäftigt hat, "Wie helfen wir den Ärmsten?" Ich habe den Eindruck, dass die Kirchen sich aus dieser Diskussion unmittelbar hinausgezogen haben. Da müssten sie wieder stärker nach vorne.

domradio: Sehen Sie sich als eine Art Bindeglied zwischen Kirchen und Arbeitswelt?
Lutz: Wir sind überkonfessionell organisiert. Und das Verständnis in der Katholischen Kirche für christliche Gewerkschaften ist ein bisschen ausgeprägter als das in der Evangelischen Kirche. Aber es ist schon so, dass wir ein Bindeglied zwischen der Arbeitswelt und den Konfessionen darstellen.

domradio: Schon seit Jahren klagen die großen Gewerkschaften über Mitgliederschwund. Wie sieht es da bei Ihnen aus?
Lutz: Wir sind nicht in dem Maße betroffen wie die großen Gewerkschaften, aber wir haben schon durch den Arbeitsplatzabbau und die Reduzierung von Belegschaften auch Federn lassen müssen. Aber wir gehen davon aus, dass wir bald aus dieser problematischen Situation wieder rauskommen.