Drei christliche Kleinparteien stellen sich zur Bundestagswahl

Auf verlorenem Posten

Drei christlichen Kleinparteien werden bei dieser Bundestagswahl auf den Wahlzetteln stehen. Die "Deutsche Zentrumspartei", als älteste Partei Deutschlands, die "Christliche Mitte" und die "Partei Bibeltreuer Christen". Alle drei haben keine Chance in den Bundestag zu gelangen und Einfluss auszuüben. Warum machen diese Parteien dennoch Wahlkampf?

Autor/in:
Joachim Heinz
 (DR)

Dieser Sonntag könnte für die altehrwürdige Partei einen weiteren Schritt in Richtung politisches Abseits bedeuten. Von 1870 bis 1933 hat die damals katholische Zentrumspartei deutsche Geschichte mitgeschrieben. Ihr Vorsitzender Ludwig Windthorst war einer der bedeutendsten Gegenspieler von Reichskanzler Otto von Bismarck im Kaiserreich, in der Weimarer Republik stellte sie gleich viermal den Regierungschef. Doch heute zählt die mittlerweile überkonfessionelle Vereinigung laut jüngsten Angaben nur noch rund 827 Mitglieder.

Eine besondere Rolle werden sie auch zum Ausgang des Superwahljahres 2009 nicht mehr spielen, vermutet der Trierer Politikwissenschaftler Benjamin Höhne. Das Zentrum sei seit den 50er Jahren kaum mehr aus dem übermächtigen Schatten der CDU herausgekommen. Und die beiden jüngeren Vereinigungen, die 1989 gegründete Partei Bibeltreuer Christen (PBC) sowie die ein Jahr zuvor aus dem Zentrum hervorgegangene Christliche Mitte sprächen eher eine extrem konservative Klientel an. Wobei die PBC eine starke evangelikale Prägung aufweist, die Christliche Mitte hingegen alttestamentarische Bezüge betone. Einig seien sich alle genannten Parteien in der Propagierung eines traditionellen Familienbildes und ihrer vergleichsweise geringen Toleranz gegenüber anderen Lebensweisen, so Höhne.

So gehört auf der Homepage der Christlichen Mitte das Flugblatt «Wissenschaftliche Erkenntnisse zur Homosexualität» zu den am häufigsten heruntergeladenen Dokumenten. Darin bezeichnet die Partei-Vorsitzende Adelgunde Mertesacker Homosexualität als «naturwidrige Triebverirrung», die für den Aids-Tod von Millionen Menschen verantwortlich sei. Auch die PBC widmet sich an prominenter Stelle dem Thema und behandelt den Wunsch nach einer gleichgeschlechtlichen Beziehung als therapierbares Phänomen.

Ein nennenswerter politischer Einfluss lässt sich auf diese Weise offenbar nicht gewinnen. Bei der Bundestagswahl im Jahr 2005 konnte die PBC als erfolgreichste der christlichen Kleinparteien gerade einmal knapp 109.000 Zweitstimmen auf sich vereinigen - von damals insgesamt gut 47 Millionen gültigen Stimmen. Deutlich zu wenig, um in den Genuss der staatlichen Parteienfinanzierung zukommen.

Warum Zentrum, PBC oder Christliche Mitte trotzdem Spots schalten und Plakate kleben, erklärt sich Experte Höhne aus dem Bedürfnis, Botschaften in die Öffentlichkeit zu transportieren, die in der deutschen Gesellschaft ansonsten wenig mehrheitsfähig sind. Anders als etwa in den USA gebe es hierzulande zudem keinen konservativen «Bibelgürtel», dessen Bevölkerung Druck auf die etablierten Parteien ausüben oder Neugründungen eine entsprechende soziale Basis bieten könnte. Während ein marginaler Wählerschwerpunkt des Zentrums in Nordrhein-Westfalen liege, seien die beiden anderen Bewerber keiner Region eindeutig zuzuordnen. Ein «Stammland», von dem aus sich die Parteienlandschaft der Bundesrepublik erobern ließe, existiert also nicht. Gleiches gilt für eine schlagkräftige bundesweite Organisationsstruktur.

Und so werden sich wohl auch in Zukunft nur wenige Insider mit dem Schicksal der christlichen Kleinparteien auseinandersetzen. Das Zentrum könnte nach Einschätzung von Höhne gar zu einem Fall für die Historiker zu werden. Die Partei drohe endgültig in die Bedeutungslosigkeit zu versinken.