"Körperwelten": Kirchen kritisieren "Leichenfledderei" und Voyeurismus

Keine Sex-Plastinate in Köln

Die umstrittene Wanderausstellung "Körperwelten" von Gunther von Hagens darf bei ihrer nächsten Station in Köln keine Exponate mit sexuellen Handlungen zeigen. Die Stadt Köln begründete dieses Verbot bei der Schau präparierter Leichen und Körperteile am Donnerstag mit dem Schutz der Totenwürde. Scharfe Kritik an der Ausstellung kommt von den beiden großen Kirchen. Sie sprechen von Leichenfledderei und Voyeurismus.

Autor/in:
Barbara Driessen
 (DR)

Das Kölner Ordnungsamt untersagte "die Ausstellung von menschlichen Plastinaten, welche Paare bei der Ausübung des Geschlechtsverkehrs oder in anderen sexuellen Posen darstellen, sowie von Teilplastinaten des menschlichen Körpers, welche auf die bloße Darstellung des Geschlechtsaktes reduziert sind". Diese Exponate dürfen auch nicht auf Fotos oder Videos gezeigt werden. Jugendliche unter 16 Jahren dürfen die "Körperwelten"-Schau zudem nur in Begleitung erwachsener Erziehungspersonen wie Eltern und Lehrer besuchen.

Die Stadt betonte, es gebe zwar ein Interesse an der wissenschaftlichen Aufklärung über den menschlichen Körper. Bestimmte Arten der Darstellung wie beim Plastinat "Schwebender Akt" könnten jedoch auch durch Wissenschaftsfreiheit nicht gerechtfertigt werden. Dieses Exponat durfte auch am vorangegangen Ausstellungsort in Augsburg nicht gezeigt werden. Dort bestätigte das Verwaltungsgericht ein Ausstellungsverbot unter Hinweis auf die Menschenwürde.

Bei "Platinationen sexuellen Inhalts, die bis hin zur konkreten Darstellung des Geschlechtsverkehrs reichen", werde der Totenwürde nicht mehr das erforderliche Maß an Achtung entgegengebracht, die das sittliche Empfinden der Bevölkerungsmehrheit verlange, erklärte die Stadt Köln.



Domdechant: Es gibt nur einen Dom
Auch die katholische Kirche sieht durch die Ausstellung Menschen nach ihrem Tod in ihrer Würde verletzt. "Sie werden als Objekte buchstäblich ausgestellt und so dem Voyeurismus preisgegeben, auch wenn dieser sich als wissenschaftliches Interesse zu bemänteln versucht", erklärte der Sprecher von Kardinal Joachim Meisner, Christoph Heckeley.

Der Kölner Stadt- und Domdechant, Prälat Johannes Bastgen, kritisiert auch die Namensgebung der Ausstellung als "Körperwelten-Dom." Es gebe in Köln nur einen Dom und "dieser Dom ist zur Ehre Gottes gebaut, der dem Menschen eine einzigartige Würde verliehen hat. Und diese Würde gilt auch für die Toten, weil Gott "ein Gott der Lebenden und der Toten" ist", so Bastgen. Wenn Menschen, auch Verstorbene, in dieser Weise buchstäblich präsentiert und ausgestellt würden, mache man sie zu bloßen Objekten. Voyeurismus, auch unter dem Vorwand wissenschaftlichen Interesses, entspreche nicht der Ehrfurcht vor dem Menschen als wunderbarem Geschöpf Gottes.

Der Evangelische Kirchenverband Köln und Region erklärte, die "Leichenfledderei" diene keineswegs der Selbsterkenntnis, wie Hagens behaupte. Der menschliche Leib werde in der Ausstellung vielmehr "zu einem von der Seele abgetrennten Anschauungsobjekt" degradiert. "Die Würde des Menschen ist unantastbar - diese grundgesetzlich festgeschriebene Übereinkunft aller Bürgerinnen und Bürger wird durch von Hagens' Plastination von Leichen gebrochen", heißt es in der Stellungnahme der evangelischen Kirche.

Die Ausstellung "Körperwelten - Eine Herzenssache" wird bis Ende Januar im "Körperwelten-Dom" in Köln-Kalk gezeigt, sie ist montags bis mittwochs von 9 bis 19.30 Uhr geöffnet, donnerstags bis sonntags von 9 bis 21.30 Uhr.