Vor 475 Jahren wurde der Grundstein für den Jesuitenorden gelegt

Die geistliche Elitetruppe des Papstes

Manchmal machen Ideen Geschichte. So wie am 15. August 1534. An jenem Sommertag vor 475 Jahren verpflichtete sich eine kleine Gruppe von Pariser Studienfreunden auf ein Leben in Armut und Ehelosigkeit, um im fernen Jerusalem als Seelsorger tätig zu werden. Aus der losen Gruppe wurde einer der bedeutendsten Orden in der katholischen Kirche: die Jesuiten.

Autor/in:
Agathe Lukassek
 (DR)

Nur wenige Jahre später konnte einer von ihnen Missionserfolge in Indien und Indonesien aufweisen, ein anderer spielte beim Versöhnungsversuch von deutschen Katholiken und Protestanten, den "Regensburger Reichsgesprächen", eine wichtige Rolle. Aus der losen Gruppe um den Spanier Inigo Lopez de Loyola wurde einer der bedeutendsten Orden in der katholischen Kirche, die Jesuiten: beneidet und bewundert aber auch verachtet, verdächtigt und verboten.

Schaut man auf das ausschweifende Leben des jungen Ignatius, war ihm eine Ordensgründung nicht unbedingt in die Wiege gelegt; seine Lebensbeichte nach der Bekehrung soll drei Tage gedauert haben. Der baskische Edelmann begann eine Karriere als Höfling, später erfüllte er sich seinen Traum und wurde Offizier im Dienste des Vizekönigs von Navarra. Die weitere Karriere schien vorgezeichnet - bis ihm 1521 auf einem Feldzug eine Kanonenkugel das Bein zerschmetterte. Aus Langeweile begann er im Krankenbett Heiligenlegenden zu lesen. Dabei begeisterte er sich immer mehr für die Vorstellung, selbst einmal zu den Ursprüngen des Christentums, nach Jerusalem, zu pilgern und anschließend Priester zu werden.

Der inzwischen 33-Jährige brauchte dann aber elf Jahre, bis er sein Schulwissen aufgefrischt und seine Studien beendet hatte. Nebenher predigte er auf Marktplätzen und verdiente seinen Lebensunterhalt mit Betteln. Nicht zuletzt deswegen geriet er bald schon ins Visier der mächtigen Inquisition, vor der er 1529 von Spanien nach Paris floh. Dort fand er schließlich Gleichgesinnte, die seine Ideale teilten. Da war der bescheidene, aus bäuerlichen Verhältnissen stammende Peter Faber, der später zum geistlichen Vater der Gemeinschaft wurde. Ebenfalls dazu gehörte Franz Xaver, der seinem Kommilitonen Loyola zunächst in inniger Hassliebe verbunden war - bevor er alles hinter sich ließ, um im Auftrag der Jesuiten in Asien das Christentum zu verbreiten.

In Köln die erste deutsche Niederlassung des Ordens
Damit legte Franz Xaver den Grundstein für einen Schwerpunkt der "Gesellschaft Jesu": die Mission. Zugleich wurde der am 27. September 1540 von Papst Paul III. approbierte Orden immer mehr zu einer Art schneller Eingreiftruppe, weil er sich dem Willen des Kirchenoberhauptes bedingungslos unterordnete. Dabei waren die Jesuiten die erste Gemeinschaft, die auf ein Habit und gemeinsame Gebetszeiten verzichtete. Statt im Kloster lebten und beteten sie in der Welt. So bekam Peter Faber den Auftrag, sich hauptsächlich um das von der Reformation geprägte Deutschland zu kümmern, wo er 1544 in Köln die erste deutsche Niederlassung des Ordens gründete.

Statt auf verbale Kämpfe mit den Protestanten, setzte Faber auf eine Erneuerung des Katholizismus von innen. Mit Exerzitien wollte er den Glauben vertiefen. In Schulen und Priesterseminaren bemühten sich die Jesuiten um eine bessere Bildung insbesondere der angehenden Seelsorger. Zugute kam dem Orden dabei seine straffe Organisation. Als Ignatius von Loyola 1556 starb, zählte die Gesellschaft Jesu bereits etwa 1.000 Mitglieder und hatte über 100 Niederlassungen.

Gott in allen Dingen finden
Durch ihre Losung "Gott in allen Dingen finden" waren die Jesuiten offen für andere Kulturen und für die Wissenschaft. So wurde die erste Geschichte des europäischen Balletts von dem Jesuiten Claude-Francois Menestrier geschrieben. In China versuchten Astronomen des Ordens durch ihre exakte Voraussagen von Finsternissen, den Kaiserhof vom Christentum zu überzeugen. Aus Lateinamerika brachte Barnabas Cobo gegen Malaria das auch Jesuitenpulver genannte Chinin nach Europa.

Trotzdem sollte es im 18. Jahrhundert zur Krise kommen. Unter anderem ihr Engagement für die Indios in Lateinamerika brachte die Jesuiten bei den spanischen und portugiesischen Kolonialherren in Bedrängnis. Portugal wies den Orden 1759 aus, Spanien folgte im Jahr 1766. In Frankreich sorgte unterdessen 1764 die Aufdeckung des bis dahin geheimen Statuts der Gemeinschaft für Empörung. Der absolute Papstgehorsam vertrug sich nicht mit dem Herrschaftsanspruch des französischen Monarchen Ludwig XV. 1773 beugte sich Papst Clemens XIV. dem staatlichen Druck und verbot den Orden.

Bis zur päpstlichen Wiederzulassung 1814 überlebten die Jesuiten nur in Russland und Preußen, wo Zarin Katharina die Große und König Friedrich II. nicht auf deren Bildungsangebot verzichten wollten. Von dort ausgehend wuchs die "Gesellschaft Jesu" schnell wieder. Heute ist sie mit etwa 19.200 Mitgliedern der größte Männerorden der katholischen Kirche.