Vor 48 Jahren begann der Mauerbau - Gedenkfeiern für die Opfer

"Bankrotterklärung eines Regimes"

Mit mehreren Veranstaltungen ist am Donnerstag in Berlin an den Bau der Mauer vor 48 Jahren erinnert worden. Politiker gedachten der Opfer der deutschen Teilung und warnten vor einer Verharmlosung und Verdrängung des DDR-Unrechts. Der Gemeindepfarrer der Kapelle der Versöhnung, Manfred Fischer, verurteilte das SED-Regime als menschenverachtend.

 (DR)

Die in der Studie «Die Todesopfer an der Berliner Mauer» beschriebenen 136 Todesfälle zeigten die Menschenverachtung der SED-Diktatur, sagte der Pfarrer bei seiner Andacht in der Kapelle an der Gedenkstätte Berliner Mauer in Berlin-Mitte. «Jetzt sind es nicht mehr nur Vermutungen und ungeprüfte Behauptungen, jetzt haben wir Gewissheit und genaue Kenntnis.» Es sei nun auch erwiesen, dass die Todesursache der Maueropfer oft verschwiegen oder gefälscht wurde, fügte Fischer hinzu. «Das zeigt, dass die SED-Führung sich über die Schändlichkeit ihre Grenzregimes im Klaren war. Doch lieber sollte ein Mensch sterben, als sich am System etwas ändern. Der Einzelne zählte nichts.»

Am Rande der Kranzniederlegung für die Mauertoten an der Gedenkstätte in der Bernauer Straße forderte Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) mit Blick auf unterschiedliche Angaben: «Es darf keinen Streit um die Zahl der Opfer geben.» Zwar sei die Zahl der an der Mauer Getöteten «höchstwahrscheinlich größer», als in der Studie dokumentiert. Aber jedes Opfer sei eins zu viel, fügte Wowereit hinzu. Millionen Menschen hätten unter dem Unrechtssystem der DDR gelitten. «Das muss aufgearbeitet werden.»

Der Mauerbau und die Teilung Berlins gehörten zu den «schmerzhaftesten Ereignissen unserer jüngeren Geschichte», betonte CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla. «Heute gedenken wir insbesondere jener, die ihren Wunsch nach Freiheit an der Mauer mit dem Leben bezahlt haben.» Gedacht werde aber auch der Bürger, «die in der ehemaligen DDR aufgrund ihres Freiheitswillens systematisch verfolgt, inhaftiert und gefoltert wurden». Dieses Kapitel der SED-Diktatur dürfe nicht vergessen werden. Der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Hartmut Koschyk, betonte, das Gedenken an die Opfer der Mauer sei angesichts «starker Tendenzen, die DDR-Vergangenheit zu verklären und das Unrecht der DDR-Diktatur zu verharmlosen, dringender denn je».

Die Linkspartei wertete den Mauerbau vor 48 Jahren als Ende des Versuchs, einen demokratischen Sozialismus in einem Teil Deutschlands zu errichten. Parteivizechefin Halina Wawzyniak sagte: «Ein Sozialismus, vor dem Menschen flüchten, ein Sozialismus, der von den Menschen nicht gewollt wird und der seine Menschen einsperrt, ist kein Sozialismus.» Es sei aber nicht so, dass der Sozialismus tot sei und nur der Kapitalismus überlebt habe. Der Jahrestag des Mauerbaus sei vielmehr ein Tag zum «Streiten für eine wirkliche Alternative: Freiheit und Sozialismus».