Bundesgesundheitsministerin nicht im Schattenkabinett - FDP fordert Rücktritt

Sturz ins Sommerloch

Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt zieht offenbar Konsequenzen aus der sogenannten Dienstwagenaffäre und wird dem Wahlkampfteam von SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier nicht angehören. Dies berichteten am Mittwoch mehrere Zeitungen übereinstimmend kurz vor einer erwarteten Stellungnahme Steinmeiers. Wie die "Frankfurter Rundschau" mitteilte, will die Ministerin an der Klausurtagung der SPD-Spitze in Potsdam nicht teilnehmen. Nach Angaben der "Bild"-Zeitung bleibt Schmidt als Gesundheitsministerin im Amt.

 (DR)

Das «Handelsblatt» hatte bereits am Morgen unter Berufung auf Parteikreise berichtet, Schmidt erwäge wegen der Dienstwagenaffäre, auf einen Platz im Kompetenzteam Steinmeiers zu verzichten. Schmidt wolle den ohnehin schwierigen SPD-Wahlkampf nicht zusätzlich durch die Debatte um die Nutzung ihres Dienstwagens im Urlaub belasten, berichtete die Zeitung. Steinmeier wird sein Kompetenzteam für den Wahlkampf am Donnerstag vorstellen. Darunter soll sich auch der parlamentarische SPD-Geschäftsführer Thomas Oppermann befinden. Der ehemalige niedersächsische Wissenschaftsminister werde das Thema Innenpolitik besetzen und damit als Gegenspieler von Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) fungieren, wie die «Stuttgarter Zeitung» (Mittwochausgabe) aus SPD-Kreisen erfuhr.

Unterdessen sieht sich Ulla Schmidt weiterhin Vorwürfen ausgesetzt. Der Hauptgeschäftsführer des Bundes der Steuerzahler, Reiner Holznagel, warf ihr vor, die Dienstwagenaffäre zu verschleiern, statt aufzuklären. «Die Ministerin klärt auch nur Stück für Stück auf und der Fall wird immer verworrener. Es sind noch viele Fragen unbeantwortet», sagte Holznagel der «Passauer Neuen Presse». Erneut warf der Steuerzahlerbund der Ministerin Verschwendung vor. «Die Nutzung des Wagens war unverhältnismäßig», so Holznagel. Eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums hatte eingeräumt, dass die Ministerin in den vergangenen Jahren mehrfach ihren Dienstwagen in ihren Urlaubsort mitgenommen habe. Bei drei oder vier Urlaubsreisen mit Chauffeur schätzt der Bund der Steuerzahler (BdSt) die so entstandenen Kosten auf mehrere Zehntausend Euro.

Der CDU-Haushaltspolitiker Georg Schirmbeck sagte: «Es ist an der Zeit, dass die Ministerin reinen Tisch macht und die unnötigerweise entstandenen Kosten der Bundeskasse erstattet.» Er fügte hinzu: «Eine Ministerin, der das gesunde Volksempfinden verloren gegangen ist und die offensichtlich überhaupt kein Verhältnis zum Geld hat, ist kein Aushängeschild für unser Land.»

Der FDP-Haushälter Jürgen Koppelin verlangt bis zum 5. August eine umfassende Auskunft von Schmidt. In der «Berichtsanforderung» sind 14 Fragen aufgeführt. Nach dem Haushaltsrecht sei die Regierung gezwungen, derartige Berichte fristgerecht vorzulegen. Der Haushaltsausschuss tagt erst wieder Ende August. "Was Frau Schmidt gemacht hat, ist eine Sauerei", wird Frank Schäffler in der "Bild"-Zeitung zitiert. "Sie hat sich dem Steuerzahler gegenüber alles andere als fair verhalten und sollte deshalb zurücktreten", so Schäffler.

SPD-Wahlkampfleiter Kajo Wasserhövel nahm Schmidt in Schutz, räumte aber ein: «Dass der Dienstwagenklau nicht bei uns in der Terminliste mit drin stand, das können Sie mal unterstellen.»

Die Nutzung des Dienstwagens im spanischen Urlaubsort Denia bei Alicante war bekanntgeworden, nachdem die gepanzerte Limousine dort gestohlen wurde. Schmidt selbst hatte Kritik an der privaten Nutzung ihres Dienstwagens im Spanien-Urlaub zurückgewiesen und erklärt, der Dienstwagen stehe ihr jederzeit zur Verfügung. Zudem nehme sie dort mehrere dienstliche Termine wahr. Private Fahrten würden überdies gesondert abgerechnet. Der Haushaltsausschuss und der Bundesrechnungshof könnten die Berechnung jederzeit prüfen.