Forscher wollen Glasfenster des Kölner Doms erhalten

Rettung für Eleasar

Es steht nicht gut um Eleasar. Mitten in seinem Gesicht klafft ein breiter Spalt. Zahlreiche weitere Narben in Form von kleinen und großen Rissen setzen der bärtigen Männergestalt zu. Es scheint, als ob die biblische Figur um Fassung ringen würde. Und genau dabei möchten ihr Restauratoren und Kunstexperten nun helfen.

Autor/in:
Joachim Heinz
 (DR)

Denn Eleasar ist eine von ehemals 112 figürlichen Darstellungen auf den Fenstern des sogenannten Welter-Zyklus im Kölner Dom. In einem dreijährigen Forschungsprojekt wollen Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Silicatforschung in Würzburg herausfinden, wie sich die farbenprächtigen Glasmalereien aus dem 19. Jahrhundert retten lassen.

Viel ist von den Entwürfen des Kölner Malers Michael Welter (1808 bis 1892) allerdings nicht mehr übrig geblieben. Der Zahn der Zeit hat an den wertvollen Kunstwerken genagt. Abgase und Staubablagerungen vor allem durch den benachbarten Hauptbahnhof machten den Fenstern des Weltkulturerbes Kölner Dom bereits früh zu schaffen. Im Zweiten Weltkrieg gingen zudem viele Glasgemälde für immer verloren. Nur ein kleiner Teil des Bestandes kehrte nach dem Krieg wieder an die alten Plätze im nördlichen und südlichen Querhaus der Kathedrale zurück. Immer noch warten in den Magazinen der Dombauhütte einzelne Objekte auf ihren Einbau. So wie Eleasar.

Die im Jahr 1877 vollendete Darstellung zählen die Kölner Experten zu den eher schwierigen Fällen. Nöte bereiten den Restauratoren dabei weniger die fehlenden Glaselemente in Eleasars Gesicht. Diese "mechanischen Schäden", verursacht beispielsweise durch Transport oder fehlerhafte Lagerung lassen sich vergleichsweise schnell durch den Einbau neuer Versatzstücke beheben. Für Stirnrunzeln bei den Experten sorgen hingegen die vielen bis zu fünf Millimeter tiefen Risse, dich sich in feinen Verästelungen auf der Fensteroberfläche ausbreiten und dabei das Glas brüchig und porös werden lassen. "Craquelieren" nennen Fachleute diesen Prozess, der bis hin zu einer völligen Zerstörung der betroffenen Kunstwerke führen kann und dessen genaue Ursachen noch im Dunkeln liegen.

120.000 Euro von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt
Bislang, so erläutert Dombaumeisterin Barbara Schock-Werner, trat das Phänomen hauptsächlich bei cognac- oder bernsteinfarben bemalten Flächen auf. Warum das so ist, und welche der insgesamt 8.000 Quadratmeter Fensterflächen im Kölner Dom besonders gefährdet sind, sollen die Wissenschaftler des Würzburger Fraunhofer-Instituts klären. Wobei die Untersuchungen durchaus Pilotcharakter haben, wie die zuständige Projektleiterin des Instituts, Katrin Wittstadt, betont. Auch andernorts, etwa im Konstanzer Münster, in der Leipziger Peterskirche oder der Marthakirche in Nürnberg stehen Kirchenfenster des Mittelalters und der Neuzeit aufgrund von Craqueleschäden auf der Roten Liste.

Ein Umstand, der auch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) dazu bewog, sich mit 120.000 Euro an dem Forschungsvorhaben zu beteiligen. Insgesamt flossen laut Stiftungs-Generalsekretär Fritz Brickwedde bislang rund 500.000 Euro aus Mitteln der DBU in das Weltkulturerbe am Rhein. Gut angelegtes Kapital, wenn man bedenkt, dass Tag für Tag bis zu 30.000 Menschen in die zwischen 1248 und 1880 errichtete Kathedrale strömen, an deren eindrucksvollen Fassaden und Hallen eigentlich immer irgendwo irgendetwas zu sanieren ist.

Bis die Besucher jedoch auch alle bislang noch in den Magazinen schlummernden Fenster des Welter-Zyklus zu sehen bekommen, wird wohl noch einige Zeit vergehen. Immerhin: Einen ersten Ansatz zur Rettung der Glaskunstwerke will das Team um Katrin Wittstadt bald schon am Modell erproben. Es handelt sich um eine Art Klebstoff, der die Risse kitten soll. Falls diese Möglichkeit nicht greift, käme auch der Einsatz von Glasfasergewebe in Betracht. An der Außenseite der Fenster angebracht, könnte das Material für die nötige Stabilität sorgen. Noch ist offen, welcher Weg erfolgversprechender ist. Aber eine Lösung, da ist Wittstadt sicher, wird sich schon finden lassen. Damit Eleasar nicht aus dem Rahmen fällt.