Kiel: Landtag versagt Carstensen erwartungsgemäß Vertrauen - Neuwahlen am 27. September

Wenn der Zweck die Mittel heiligt

Nach der namentlichen Abstimmung im Kieler Landtag stand Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) am Donnerstag formal als Verlierer da. Schließlich hatte ihm die Mehrheit der Abgeordneten soeben das Misstrauen ausgesprochen. Doch Carstensen durfte sich als Sieger fühlen, denn Neuwahlen wollte er erreichen. Er handelte sofort und terminierte die Neuwahl auf den 27. September. Gut eine Woche nach dem Bruch der großen Koalition ist die Union in Kiel damit am Ziel. Vorerst.

 (DR)

Vor der Abstimmung über die Vertrauensfrage hatten sich CDU und SPD nochmals einen teils scharfen Schlagabtausch im Parlament geliefert, der geprägt war von gegenseitigen Vorwürfen. Carstensen begründete den Rückgriff auf die Vertrauensfrage mit der Unberechenbarkeit des bisherigen Koalitionspartners SPD. Die Erfahrungen der Vergangenheit zeigten, dass er «nicht auf die Verlässlichkeit» der von Landeschef Ralf Stegner geführten SPD setzen könne, sagte er. Er fügte hinzu: «Das Bündnis aus CDU und SPD hat keine Zukunft.»

Carstensen hatte die Vertrauensfrage am Montag gestellt, nachdem ein Antrag von CDU, FDP, Grünen und Südschleswigschem Wählerverband (SSW) zur Auflösung des Parlaments an der SPD gescheitert war. Nun entzogen ihm die Abgeordneten von SPD, FDP, Grünen und SSW das Vertrauen. Das Gros der CDU-Fraktion enthielt sich. Im zweiten Anlauf ist damit der Weg für Neuwahlen frei.

Lediglich Landtagspräsident Martin Kayenburg (CDU) stimmte mit Ja. Was Carstensen vorhabe, sei eine «unechte Vertrauensfrage», monierte er. Was auf Bundesebene gerechtfertigt sei, «wollen wir nicht auf Landesebene hoffähig machen», fügte er hinzu. Er spielte damit auf die seinerzeit umstrittene Vertrauensfrage des damaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder (SPD) 2005 im Bundestag an, mit der dieser ebenfalls vorgezogene Neuwahlen erzwang.

Carstensen sprach mit Blick auf die zerbrochene Koalition von einem »Dauerkonflikt mit Winkelzügen und Hintertürchen«. Die SPD sei nicht bereit, die von ihm als notwendig erachteten Maßnahmen zu unterstützen. Stegner warf der Union vor, den Koalitionsbruch aus wahltaktischen Gründen begangen zu haben.

Zugleich äußerten auch Stegner und Grünen-Fraktionschef Karl-Martin Hentschel Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Vorgehens von Carstensen. «Vieles spricht dafür, dass es verfassungswidrig ist, was Sie hier treiben», sagte Stegner. Er fügte hinzu: «Ihr Rücktritt wäre der ehrliche Weg gewesen.» Stegner wies Vorwürfe der Union zurück, die SPD habe nicht mehr zu den Vorhaben des Bündnisses gestanden. Der «Koalitionsbruch und die Neuwahlpläne» der Union seien auch «eine Flucht vor der Umsetzung der Sparvorhaben».

Carstensen und Stegner werden sich nun in einem Wahlkampf gegenüberstehen, der nach Befürchtungen von Ex-Justizminister Uwe Döring (SPD) schmutzig zu werden droht. Die Union sieht in Stegner den Hauptschuldigen für das Scheitern der Koalition. Umfragen sehen derzeit eine Mehrheit für das von Carstensen gewünschte schwarz-gelbe Bündnis. FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki schloss eine Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP nach der Wahl aus. Es werde im neuen Landtag keine Stimmen der FDP für einen Ministerpräsidenten Stegner geben, sagte er.

Carstensen wiederum schließt eine Neuauflage von Schwarz-Rot unter einem SPD-Landeschef Stegner aus. «Mit Herrn Stegner werde ich sicherlich nicht zusammenarbeiten können», sagte er. Gleichwohl hofft der Nordfriese auf einen sachorientierten Wahlkampf: «Ich reiche dazu der SPD die Hand.»