Das vor 150 Jahren errichtete Goldkreuz auf der Wartburg erstrahlt in neuem Glanz

Trotzsymbol in bewegten Zeiten

Schon mit ihrer Silhouette lässt die Wartburg bei Eisenach keinen Zweifel, dass sie unter den deutschen Burgen etwas Besonderes ist. Denn die einstige Landgrafenburg, die seit September 2000 zu den Welterbestätten der UNESCO gehört, präsentiert sich seit 150 Jahren mit einem weithin sichtbaren goldenen Kreuz. Seit der jüngsten Sanierung erstrahlt es nunmehr in neuem Glanz.

Autor/in:
Thomas Bickelhaupt
 (DR)

Mit der ursprünglichen Bestimmung des trotzigen Bauwerks hat das Symbol der Christenheit allerdings nur wenig zu tun. Umso mehr steht das Detail für den Zeitgeist beim Wiederaufbau der Burg. Als Bauherr des aufwendigen Vorhabens im 19. Jahrhundert wollte der Weimarer Großherzog Carl Alexander ein "Zeichen des frommen Sinnes des Burgherrn und der religiösen Bedeutung der Wartburg" geben.

Seit seiner Errichtung am 11. Juni 1859 hat das fünf Meter hohe Kreuz auf dem Bergfried in 411 Metern über dem Meeresspiegel nicht nur unzähligen Stürmen getrotzt. Selbst der Thüringer Nazi-Statthalter Fritz Sauckel hatte mit seinen Attacken gegen das christliche Symbol nur kurzzeitig Erfolg. Er ließ zwar am 11. April 1938 das Goldkreuz durch ein noch größeres Hakenkreuz ersetzen - als "Siegeszeichen" nach dem Anschluss Österreichs. Aber schon drei Tage später musste das Nazi-Symbol wieder abgebaut werden.

Hakenkreuz und Propagandalügen
Wer damals in Berlin "die Wiederherstellung des alten Zustandes auf der Wartburg" anordnete, ist nicht überliefert. Aktenkundig sind dagegen massive Proteste gegen das Hakenkreuz. Stellvertretend für viele schrieb Pastorin Adelheid Eitner vom Evangelischen Frauenwerk, "die so plötzliche Entfernung des Christenkreuzes" habe in der Bevölkerung Eisenachs eine "innere Beunruhigung" ausgelöst.

Für die erneute Demontage des Kreuzes im November 1944 verbreiteten die Nazis die Propagandalüge, ein englischer Flieger habe das Kreuz durch eine Kollision vom Turm gerissen und sei dabei selbst zugrunde gegangen. Tatsächlich aber belegen Akten der Wartburg-Stiftung, dass beim Abbau die Einzelteile vom 40 Meter hohen Bergfried in den Innenhof geworfen wurden.

In den Stiftungsakten ist auch die Genehmigung der US-amerikanischen Besatzungsbehörde vom 5. Mai 1945 erhalten, das christliche Kreuz wieder zu errichten. Ein Jahr später hatte Burgwart Hermann Nebe Erfolg mit seiner Bitte an Landesbischof Moritz Mitzenheim, dieser möge "im Luther-Jahr 1946" bei der nunmehr sowjetischen Besatzungsmacht für die Wiederaufstellung des Bergfriedkreuzes eintreten, "das dem Eifer des Herrn Sauckel im Kampf gegen die Kirche zum Opfer fiel".

Zeichen für Offenheit und religiöse Toleranz
Ähnliche Angriffe auf das Kreuz wie in der Nazi-Zeit gab es später nicht mehr. Im Gegenteil: In der DDR galt es als Zeichen für Offenheit und religiöse Toleranz, wenn bei besonderen Anlässen am Fahnenmast neben dem christlichen das Symbol des Staates aufgezogen war - die schwarz-rot-goldene Fahne mit Hammer, Zirkel und Ährenkranz.

Gleichwohl war die Burg vielen Menschen in der DDR immer auch ein Symbol der Freiheit und der deutschen Einheit. Von dort aus schien der Westen zum Greifen nah. Und bei der Neuvergoldung des Kreuzes
1965 dokumentierte der damalige Wartburg-Direktor Werner Noth das Empfinden vieler DDR-Bürger, indem er die Urkunde von 1859 um eine handschriftliche Notiz ergänzte. Darin wünschte er dem Wartburgkreuz, der Wartburg und dem deutschen Volk Glück und Frieden in einem wiedervereinigten Deutschland.