Der Theologe und Autor Guido Fuchs über die sich wandelnde Bedeutung des Sonntags

Tag für Mensch und Gott

Heute verhandelt das Bundesverfassungsgericht den Schutz der Sonn- und Feiertage. Aus Sicht der Kirchen steht genau der zunehmend auf dem Spiel.
Prof. Guido Fuchs ist katholischer Theologe und Publizist. Im domradio-Interview erinnert er an den ursprünglichen Sinn des Sonntags und die neuen Herausforderungen - auch an die katholische Kirche.

 (DR)

domradio: Als Christ geht man davon aus, dass der Sonntag der Tag der Ruhe ist. Passt das nicht besser zum siebten Schöpfungstag in der Bibel?
Fuchs: Der siebte Schöpfungstag ist nach unserer Tradition eigentlich der Samstag. Es hat sich aber sehr früh die Verbindung mit dem Sonntag ergeben. So dass man den Tag der Auferstehung Christi, der als erster Tag bezeugt ist, auch als Tag der Ruhe eingeschätzt hat. Bis heute gilt der Tag für Ruhe und Muße.

domradio: Sie haben eine Studie veröffentlicht. In der haben sie den Untergang des Sonntags im Wochenende beklagen. Wie äußert sich das?
Fuchs: Die Studie befasst sich mit den drei Tagen des Wochenendes. Auch mit dem Sonntag, der inzwischen offiziell der letzte Tag der Woche ist, nicht mehr der erste, wie in der christlichen Tradition. Für uns beginnt die Woche mit dem Montag. Das äußert sich darin, dass zum Beispiel Gottesdienste nicht mehr zahlreich besucht werden. Der Sonntag dient dazu, dass man sich von der vergangenen Woche erholt um sich auf die kommende vorzubereiten. All das wirft Schatten auf den Sonntag. Er hat sicherlich nicht mehr den Stellenwert, den er mal hatte.  

domradio: Wirkt sich dieser Trend auch auf das kirchliche Leben und die Liturgie aus.
Fuchs: Der Rückgang der Gottesdienstbesucher spricht sicherlich dafür, dass sich das widerspiegelt. Aber man kann es auffangen. Sicherlich durch andere Zeiten. Die Vorabendmesse wäre eine Möglichkeit den Samstagabend schon als Sonntag zu gestalten. An Sonntagabenden wird von vielen Gemeinden der Gottesdienst angeboten, das wird von den Menschen sehr gut angenommen.  

domradio: Gibt es andere Dinge, die Kirche diesem Trend entgegensetzten könnte. Haben Sie eine Idee entwickelt?
Fuchs: Nicht so sehr eigene Ideen entwickelt, sondern geschaut, was gibt es schon? Es gibt zum Beispiel von evangelischer Seite traditionell die Wochenschlussandacht. Eigentlich hat die am Samstagnachmittag ihren Platz. Bei uns im katholischen Bereich läuft die Woche irgendwie aus und fängt dann neu an. Während man aus evangelischer Sicht ganz bewusst einen Schlusspunkt setzten will. Das hat sich allerdings inzwischen auch vielfach verschoben, so dass diese Wochenschlussandacht jetzt freitags gestaltet wird. Aber immerhin: Es wird bisweilen etwas gemacht. Da wäre bei uns zu fragen: Wie könnten wir das gestalten? Vielleicht in Verbindung mit der Vorabendmesse, so dass man bewusst die Woche zurück gibt in die Hand des Herrn: Um dann in die neue Woche hinein zu treten.

domradio: Was empfehlen sie mir oder unseren Zuhörern für ein bewusstes Begehen des Sonntags?
Fuchs: Das ist sicherlich individuell sehr unterschiedlich. Aber natürlich gehört dazu, dass man sich Zeit nimmt, dass man den Tag entschleunigt. Es ist der Tag  der Ruhe, im jüdischen Sinn, auch wenn es da  der Sabbat ist.  Ein Tag der dem Menschen dienen soll, ihn ein Stück freier zu machen. Und was auch immer dazu führt, das soll man an diesem Tag machen!

Buchtipp: "Wochenende und Gottesdienst: Zwischen kirchlicher Tradition und heutigem Zeiterleben" ist im Pustet Regensburg Verlag erschienen. Es kann für EUR 16,90 € broschiert auf 160 Seiten erworben werden. Die 1. Auflage erschien im September 2008, mit der  ISBN-10: 3791721496.
Autor: Prof. Guido Fuchs (katholischer Liturgiewissenschaftler und Publizist)