ZdK-Mitglied Bruder Paulus Terwitte zu den Turbulenzen um Zentralkomitee und Bischofskonferenz

"Das ist sehr schlimm, was wir im Moment erleben"

Die geplante Wahl des neuen Präsidenten des Zentralkomitees der deutschen Katholiken und auch die der Stellvertreter, wird wohl nicht wie geplant am Freitag in Berlin stattfinden. Das gab das Präsidium heute bekannt. Grund ist die ablehnende Haltung der Deutschen Bischofskonferenz gegenüber dem bislang einzigen Kandidaten für das Präsidentenamt, Heinz-Wilhelm Brockmann. Kapuzinermönch und ZdK-Mitglied Bruder Paulus Terwitte zeigt sich im domradio-Interview verwundert über die aktuelle Debatte und fordert alle Beteiligten zu Gesprächen auf.

 (DR)

domradio: Seit heute ist klar, Heinz-Wilhelm Brockmann steht zunächst nicht mehr als ZdK-Präsident zur Verfügung und auch die geplanten Wahlen der Stellvertreter werden wohl nicht stattfinden. Sind Sie überrascht?
Bruder Paulus: Ich war zunächst einmal sehr überrascht, dass Herr Brockmann abgelehnt worden ist. Das ist jemand, der den Katholikentag in Osnabrück sehr erfolgreich mitgemanagt hat und der im Diözesanrat in Osnabrück eine sehr gute Position hat. Und er ist schon lange im Präsidium des ZdK.

Ich bin sehr gespannt, ob wir am Freitag hören werden, welche Gründe die deutschen Bischöfe dazu gebracht haben, Brockmann abzulehnen. Ich glaube, dass in dieser jetzigen Situation vor allem viele Gespräche geführt werden müssen. Auch darüber, was der Satz im Statut des Zentralkomitees bedeutet: "Der gewählte Präsident wird von der Bischofskonferenz bestätigt". Und dann muss man darüber reden, was geschieht, wenn er nicht bestätigt wird.

domradio: Einige Mitglieder des ZdK sagen ja jetzt auch, die nötige Zustimmung der Bischöfe zum Präsidenten des größten Laiengremiums sei nicht mehr zeitgemäß. Ginge das denn überhaupt, auf deren Zustimmung zu verzichten?
Bruder Paulus: Nein. Wir wollen ja immer kooperativ sein. Es geht immer um Gespräche. Die Bischöfe haben ihr Amt in Deutschland, die Kirche zu leiten. Jeder leitet da seine Ortskirche, aber es gibt auch eine deutsche Gesellschaft und wir haben das sehr erfolgreiche synodale Prinzip eingeführt. D.h. es gibt Pfarrgemeinderäte und Diözesanräte. Die Laien haben sich da zusammengetan. Dafür hat jeder Bischof auch einen eigenen Statut in Kraft gesetzt für sein Bistum.

Und so gibt es eben auf Deutschlandebene das Zentralkomitee der deutschen Katholiken, das ja nicht unbedingt dafür da ist, um gegen die Bischöfe zu arbeiten, sondern ganz im Gegenteil. Die Laien wollen das, was sie in Taufe und Firmung in der Welt erleben, in der Welt bezeugen, miteinander besprechen und ein gemeinsames Zeugnis als Laien geben.

domradio: Was bedeutet denn nun dieses Statut, in dem es heißt, "die Bischöfe bestätigen", genau?
Bruder Paulus: Im Statut steht nur, "die Wahl wird bestätigt". In dem Statut steht auch nichts von einer Zweidrittel-Mehrheit, wie momentan berichtet wird. Da wird nicht einmal gesagt, dass sie vorgelegt wird, oder dass die Bischöfe da eine Möglichkeit hätten, den Kandidaten nicht zu bestätigen. Außer, wie das Kirchenrecht es vorsieht, wenn der Kandidat unter einer Kirchenstrafe steht. Die Bischöfe müssten dann sagen, der Kandidat sei nicht katholisch. Aber sonst könnte man ja den Präsidenten sofort von der Bischofskonferenz wählen lassen.

Also ich finde, wir müssen da sehr gut mit den Bischöfen sprechen und ich denke mal, dass viele das wollen im ZdK. Damit solche Kommunikationsfehler und solche Verfahrensfehler nicht wieder auftauchen. Das ist ja sehr schlimm, was wir im Moment erleben.

domradio: Wie kann das denn überhaupt sein, dass jemand wie Brockmann, der ja jahrelang im Präsidium sitzt, nun nicht Präsident werden kann? Geht es denn eigentlich überhaupt um die Person Brockmann? Oder was könnte dahinter stehen, dass die Bischöfe ihr Veto einlegen?
Bruder Paulus: Ich bin sehr gespannt, was uns am Freitag zu den Gründen gesagt werden wird. Ich habe den Eindruck, dass die Bischöfe sich wünschen, dass noch einmal sehr gründlich darüber nachgedacht wird, welche Aufgabe das Zentralkomitee der deutschen Katholiken hat und wie sein Verhältnis ist zu den Bischöfen. Da wird man einfach offen reden müssen.

Wir sind jetzt schon lange Jahre nach der Würzburger Synode, in der wir sehr deutlich in Deutschland einen Schritt in Richtung Demokratisierung in der Kirche gemacht haben. Da muss heute neu darüber nachgedacht werden, was das wirklich bedeutet. Ich stelle mir vor, dass es da auch unter den Bischöfen nicht unbedingt eine einheitliche Meinung gibt. Aber dafür sind wir - glaube ich - da und die Apostelgeschichte, die wir jetzt in der Osterzeit lesen, zeigt ja auch, dass von Anfang an in der Kirche gestritten worden ist. Der Streit ist ja nicht das Schlimme. Auch nicht, dass man verschiedener Meinung ist. Das Schlimme ist, dass da vielleicht beide Seiten den Eindruck erwecken, wir würden uns gegenseitig nicht ernst nehmen. Das sollte eigentlich nicht der Fall sein.

domradio: Was ist denn Ihre Option für die Wahl eines neuen Präsidenten?
Bruder Paulus: Ich bin der Meinung, dass wir als gesellschaftliche Größe im Jahre 20 nach der Wende auch ein Stück zeigen müssen, dass wir wählen wollen. Und wenn wir vielleicht nur ein Präsidium wählen ohne Präsidenten.

Denn wir tagen in Berlin und wir tagen einen Steinwurf entfernt vom Bert-Brecht-Theater. Das sind alles für mich kleine Hinweise, dass wir jetzt zeigen müssen, dass wir gerade in der Kirche verstanden haben, wie wichtig es ist, demokratische Strukturen auch zu nutzen. Wenn jetzt Herr Brockmann sagt, ich kann im Moment nicht zur Verfügung stehen, dann kann er vielleicht im Oktober wieder zur Verfügung stehen. Wir sollten uns überlegen, ob wir nicht doch ein Präsidium wählen wollen. Denn wir haben den ökumenischen Kirchentag vor uns. Da muss ja gehandelt werden. Und wir wollen auch die Hauptausschüsse wählen. Dann müssen wir sehen, wie wir neue Schritte gehen.

domradio: Wie kann man denn jetzt diesen Konflikt zwischen Bischofskonferenz und Zentralkomitee lösen? Was wünschen Sie sich?
Bruder Paulus: Ich wünsche mir sehr, dass alle Beteiligten seitens des Zentralkomitees, da gibt es die Diözesanräte, die Vertreter der Verbände und die Einzelpersönlichkeiten, es schaffen, noch einmal eine Arbeitsebene zu finden, die nicht sofort in die Öffentlichkeit tritt. Es wird sehr viel in Hauptausschüssen und irgendwelchen Präsidien verhandelt. Aber wir brauchen auch eine Dialogkultur hinter verschlossenen Türen. Und das muss man auch einer Öffentlichkeit deutlich machen, dass auch ein großes Gremium einmal Fragen unter sich besprechen muss. Wo auch offen geredet werden kann, ohne dass das sofort am nächsten Tag in der Zeitung steht.

Weil wir so miteinander wieder neu Vertrauen finden können. Denn wir brauchen Vertrauen untereinander, natürlich auch, um mit den Bischöfen ins Gespräch zu kommen: Wo liegen denn da Ängste und Vorbehalte. Da muss jeder sich auch mal in gewisser Weise an die eigene Brust klopfen, das will ich auch für meinen Teil gar nicht ausschließen. Ich bin ja auch manchmal ein hitziger Diskutant. Da muss man auch mal sagen, o.k. das war nicht in Ordnung, da war ich verletzend, aber lasst uns in das Evangelium schauen. Wir haben einen Auftrag für diese Gesellschaft. Die Zeit ist viel zu herausfordernd, als dass wir unsere Kräfte verschleißen dürften in innerbetrieblichen Störaktionen.