Schwarz-Rot will Millionen investieren - "Zentrales Reformvorhaben"

Berlin setzt auf Bildung

Die große Koalition will die Reform des Bildungssystems in den Mittelpunkt ihrer Arbeit rücken. Die vom Kabinett zu Jahresbeginn beschlossene Qualifizierungsinitiative im Umfang von 500 Millionen Euro sei "ein wichtiges, ja zentrales Reformwerk für die zweite Hälfte der Legislaturperiode", sagte Bundesbildungsministerin Annette Schavan am Freitag im Bundestag. Alle Jugendlichen sollten künftig die gleichen Chancen auf Bildung erhalten. domradio.de stellt die wichtigsten Neuregelungen vor.

 (DR)

Neben der frühkindlichen Bildung geht es laut Schavan um eine bessere Verbindung zwischen Grundschule und Kindertagesstätten. Hier entstehe die "erste gemeinsame Bildungsphase" des neuen Bildungssystems. Durch neue Strukturen im Schulsystem solle es gelingen, dass künftig jeder Schüler einen Schulabschluss bekommt. Zunächst solle die Zahl der Schulabbrecher halbiert werden.

In der beruflichen Bildung ist vorgesehen, bis 2010 für 100 000 "Altbewerber" - also Jugendliche, die im ersten Anlauf keinen Ausbildungsplatz bekommen haben - durch einen "Ausbildungsbonus" für Betriebe zusätzliche Ausbildungsplätze zu schaffen. Und im Hochschulwesen soll die Zahl der Studenten erhöht sowie mehr Frauen für naturwissenschaftliche Studienrichtungen gewonnen werden.

Scholz erinnerte daran, dass Ausbildung für alle ein "zentrales Versprechen" der großen Koalition sei. Fehlende Ausbildung dürfe nicht zum "Stolperstein" im Lebensweg werden. Man könne und werde sich nicht damit abfinden, dass ganze Hauptschulklassen keine Lehrstellen mehr finden. Allerdings sei auch die Wirtschaft gefragt: "Wer nicht ausbildet, soll über Fachkräftemangel nicht klagen", sagte er. Der Bund habe seine Hausaufgaben gemacht und trage mit dem Ausbildungspakt dazu bei, dass jährlich 60 000 neue Ausbildungsplätze entstehen.

Die Neuregelungen im Überblick

FRÜHKINDLICHE BILDUNG: Die frühkindliche Bildung in den Kindertagesstätten soll gestärkt werden. Dazu wird eine Fortbildungsinitiative für 80 000 Erzieher und Tagespflegepersonal im Frühjahr gestartet, für die rund zwei Millionen Euro bereitgestellt werden.

AUSBILDUNGSPLÄTZE FÜR ALTBEWERBER: Mit einem Ausbildungsbonus für Betriebe sollen zusätzliche betriebliche Ausbildungsplätze für Altbewerber, also Jugendliche, die im ersten Anlauf keinen Ausbildungsplatz bekommen haben, gewonnen werden und höchstens über einen Realabschluss verfügen. Der Bonus für die Betriebe kann je nach Ausbildungsvergütung gestaffelt zwischen 4000 und 6000 Euro betragen. Insgesamt sollen in den kommenden drei Jahren rund 100 000 Altbewerber so eine Chance auf einen Ausbildungsplatz bekommen. Die Mittel von rund 350 Millionen soll die Bundesagentur für Arbeit (BA) zur Verfügung stellen.

AUFSTIEGSSTIPENDIEN: Das Bildungssystem soll durchlässiger werden. Deshalb wird es nach dem Willen der Bundesregierung künftig für diejenigen Aufstiegsstipendien geben, die sich aus der beruflichen Bildung heraus für ein Hochschulstudium qualifizieren, also kein Abitur abgelegt haben. Die Stipendien sollen sich an den Bafög-Sätzen orientieren. Außerdem wird das Meister-Bafög erhöht.

ÜBERGANG VON SCHULE ZUR HOCHSCHULE: Die Bundesregierung hält an dem im Koalitionsvertrag festgeschriebenen Ziel fest, künftig 40 Prozent eines Altersjahrgangs für ein Hochschulstudium zu gewinnen. Die Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS) soll in Abstimmung mit den Ländern zu einer Serviceagentur reformiert werden, um Studienplätze besser und schneller zu vermitteln als bislang.

BEKÄMPFUNG DES FACHKRÄFTEMANGELS: Ein "freiwilliges technisches Jahr" in einer Forschungseinrichtung oder einem Unternehmen als Anreiz für technische Berufe soll mit rund vier Millionen Euro gefördert werden. Ein Pakt speziell für Frauen in MINT-Berufen (MINT= Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik) soll realistische Berufsbilder vermitteln und motivieren, ein MINT-Fach zu studieren.

WEITERBILDUNG: Die Weiterbildungsbeteiligung soll bis 2015 auf 50 Prozent gesteigert werden. Hierzu strebt die Bundesregierung mit den Ländern, Kommunen und Sozialpartnern eine Weiterbildungsallianz an.