De Maiziere mahnt Muslime zur Annäherung ans Grundgesetz und Bischöfe zu Wandel im Familienbild

Staatsvertrag mit Islamverbänden?

Kanzleramtsminister Thomas de Maiziere (CDU) hat die Muslime in Deutschland zur Annäherung an die "aufgeklärten Positionen des Grundgesetzes" aufgefordert. Diese Entwicklung laufe nicht in die Gegenrichtung, sagte der Kanzleramtsminister am Donnerstag in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Berlin. Dabei verwies er auf verfassungsrechtliche Entscheidungen der vergangenen Jahre. Der Minister zeigte sich von einer künftig stärkeren rechtlichen Stellung des Islam überzeugt.

 (DR)

Das Verhältnis des Rechtsstaats zum Islam werde aber "nie so sein wie zur evangelischen und katholischen Kirche". Weiter mahnte der wichtigste Mitarbeiter der Kanzlerin das Recht zum Bau von christlichen Gotteshäusern in allen muslimischen Ländern an. Es sei angemessen und richtig, dass die Millionen Muslime in Deutschland Moscheen hätten. Ebenso angemessen sei es, wenn christliche Kirchen in all jenen Ländern gebaut werden könnten, in denen Muslime die Mehrheit stellen. Mit Blick auf den Moscheebau in Deutschland gelte, dass der Bau eines Gotteshauses nie ein "Akt der Demonstration oder der Überlegenheit der einen über die andere Religion" sein dürfe. Das wäre ein Missbrauch von Religion.

Den Aufbau rechtlicher Strukturen des Islam und seiner rechtlichen Anerkennung bezeichnete der CDU-Politiker als längeren Prozess. Dabei gehe es nicht darum, dass kleine Gruppen schnell Körperschaft des öffentlichen Rechts werden und Privilegien genießen wollten. Ziel müssten Strukturen für die gesamte islamische Gemeinschaft sein. "Die Integration von Millionen Muslimen auch als Religionsgemeinschaft mag schwierig sein, ist aber unausweichlich", so der Kanzleramtsminister.

Kanzleramt hofft auf Wandel im Familienbild bei Bischöfen
De Maiziere setzt zudem auf einen Wandel im Familienbild bei katholischen Bischöfen. Er hoffe auf mehr Anerkennung für einen Familienbegriff, "bei dem, hoffentlich mit standesamtlicher Trauung, wirklich dauerhaft Verantwortung für Kinder getragen wird. Das sollte man nicht diskreditieren", mahnte er in Berlin. Dabei bleibe es Aufgabe der Kirche, darüber hinaus ein Ideal von Familie zu fordern.

Der Politiker rief dazu auf, die gesellschaftliche Realität wahrzunehmen. "Wenn das klassische Familienbild das mancher katholische Bischof anspricht, allein darin besteht, dass man zwischen 25 und 30 heiratet und vorher keinerlei Geschlechtsverkehr hatte, dass der Mann arbeitet und die Frau zu Hause bleibt", dann gebe es heute natürlich ein verändertes Familienbild, sagte er.

Er wünsche sich Lob statt Kritik für Mütter, die vielseitigen Ansprüchen von Familie und Beruf gerecht werden wollten, betonte de Maiziere. Wer Eltern unterstelle, Erziehungskompetenz abzugeben, falls sie ihr Kind in eine Krippe gäben und Beruf und Familie vereinbaren wollten, "der ignoriert Engagement und Kreativität und Familiensinn", meinte er. Zugleich betonte de Maiziere, das Maß an Übereinstimmung zwischen Bundesregierung und Kirche sei trotz einzelner inhaltlichen Differenzen groß.

Der Kanzleramtsminister verwies auf das nach wie vor hohe Ansehen von Familie und familienverbundenen Werten. Die angeblich so verlotterte und unerzogene Jugend äußere erstaunliche Zustimmung zur Familie und Werten wie Treue, Erziehungskompetenz und Kinderwunsch. Das gelte für West- und Ostdeutschland. In vielen ostdeutschen Regionen sei auch ohne christliche Bindung die Bindung an die Familie sogar höher als im Westen.