Brasilien: Bischof im Hungerstreik in Krankenhaus eingeliefert - Deutsche Bischöfe solidarisch

Hungerstreik bis zum Ende?

Es war ein schwarzer Tag für Brasiliens engagierte Basischristen und Umweltaktivisten. Am Mittwoch, dem 23. Tag seines Hungerstreiks gegen ein umstrittenes Fluss-Großprojekt der Regierung, fiel Bischof Luiz Flávio Cappio in Ohnmacht und musste in ein Krankenhaus eingeliefert werden. Das Bild des 61-Jährigen, als er in seiner braunen Franziskanerkutte auf einer Bahre nach Petrolina im nordöstlichen Bundesstaat Pernambuco abtransportiert wurde, erschütterte Millionen.

 (DR)

Ausgelöst hatte den Zusammenbruch des um neun Kilo abgemagerten Kirchenmannes das Oberste Bundesgericht im fernen Brasília. Es hatte die Flussumleitung des Rio São Francisco, gegen die der Bischof seit Jahren kämpft, erneut gebilligt. Daraufhin ordnete Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva an, die Schlichtungsgespräche mit den katholischen Bischöfen und einem Vertrauten Cappios abzubrechen.

Damit stieß der frühere Gewerkschafter, der selbst aus Pernambuco stammt, viele langjährige Mitstreiter vor den Kopf.
"Der Präsident hat sich selbst eine politische Niederlage zugefügt," sagt Roberto Liebgott, der stellvertretende Vorsitzende des katholischen Indianermissionsrates CIMI, dem epd. "Ein großer Sieg ist das allerdings für die Oberschicht aus Nordostbrasilien, mit der sich Lula verbündet hat."
Nach Angaben der Regierung sollen durch die 2,4 Milliarden Euro teure Flussumleitung zwölf Millionen Menschen in vier Bundesstaaten des trockenen Nordostens mit Wasser versorgt werden. Dafür soll Wasser vom São-Francisco-Fluss über zwei Kanäle von 720 Kilometern Länge abgezweigt werden. Geplant sind zwei Wasserkraftwerke, acht Tunnel, neun Pumpstationen, 27 Aquädukte und 35 Staubecken.

Kenner der Region schütteln darüber jedoch den Kopf. "Ökologisch, ökonomisch und vor allem sozial ist das unsinnig", betont Cappios Berater Roberto Malvezzi. "Hier haben wir keine Wasserknappheit, sondern ein Verteilungsproblem." Profitieren würden vielmehr große Bauunternehmen, Bewässerungsfirmen, Stahlschmelzen, Krabbenzüchter und die exportorientierte Landwirtschaft. Auch die Weltbank verweigerte ihre Unterstützung.

Bischof Cappio, der sich seit 33 Jahren im Einzugsbereich des Flusses für die armen Anrainer - darunter Schwarze, Indianer und Landlose - einsetzt, hatte bereits 2005 mit einem Hungerstreik gegen das Projekt protestiert. Damals lenkte er nach elf Tagen ein, nachdem die Regierung eine breite Debatte über das Für und Wider des milliardenschweren Vorhabens versprochen hatte. Doch die blieb aus.

Die Gegner plädieren für unspektakuläre, aber umso wirkungsvollere Kleinprojekte wie den Bau von Zisternen. Oder die "Wiederbelebung" des 2.700 Kilometer langen, stark verschmutzten Flusses durch den Bau von Kläranlagen oder Wiederaufforstung in den Quellgebieten.

Um den starrsinnigen Bischof zum Einlenken zu bewegen, wandte sich Lula an Papst Benedikt XVI. Doch eine Intervention wird nicht mehr nötig sein. Cappios Geschwister verkünden bereits, der Hungerstreik sei beendet. "Es wird eine bittere Weihnacht", sagt Roberto Liebgott.

Lehmann bittet um Dialog
Auch die katholischen Bischöfe in Deutschland sorgen sich um das Leben Cappios. Der ungelöste Konflikt könne mit dem Tod ihres Mitbruders enden, heißt es in einem am Donnerstag veröffentlichten Brief Kardinal Karl Lehmanns an den brasilianischen Staatspräsidenten Luis Inacio Lula da Silva. Darin bittet der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz Lula, den Hilferuf Cappios zu erhören und in einem breit angelegten Dialog eine Lösung zu suchen.

Die deutschen Bischöfe teilen laut Lehmann die Position der Brasilianischen Bischofskonferenz, dass der Staat die Verantwortung habe, der Bevölkerung zu gutem Wasser zu verhelfen. Zudem seien insbesondere die Rechte der indigenen, der afrikanisch-stämmigen und der Flussbevölkerung zu respektieren.