Debatte um gerechte Verteilung von Vermögen geht weiter

"Der Mensch muss menschenwürdig von seiner Arbeit leben können"

In der Debatte um Millionen-Gehälter für Manager und Mindestlöhne haben Politik und Kirchen eine gerechtere Vermögensverteilung gefordert. Münchens Kardinal Friedrich Wetter sagte, das Verhältnis der Gesellschaft zum Geld stimme nicht mehr. Er verwies auf die im Sport und im Showgeschäft gezahlten Summen. Angesichts der immer stärker auseinandergehenden Schere zwischen Arm und Reich erinnerte der Kardinal an die im Grundgesetz festgeschriebene Sozialpflichtigkeit des Eigentums. "Der Mensch muss menschenwürdig von seiner Arbeit leben können", so Wetter.

 (DR)

Zur Frage, wie etwa Mindestlöhne erzielt werden könnten, äußerte er sich zurückhaltend. Wichtig sei, dass die Verantwortlichen fair miteinander redeten.

Caritaspräsident Peter Neher hält die Gehälter einiger Vorstandsgrößen "tatsächlich für überzogen". Er glaube aber nicht, dass sie charakteristisch für Vorstände seien, sagte er dem Ingolstädter "Donaukurier". Viele Führungskräfte machten eine gute Arbeit und würden angemessen entlohnt. Vorstandsgehälter sollten daran bemessen werden, wie viel Verantwortung jemand habe.

Neher rief den Staat zur Zurückhaltung beim Mindestlohn auf.
Dieser sei in erster Linie Sache der Tarifparteien. In bestimmten Branchen könnten Lohnuntergrenzen sinnvoll sein. Problematisch sei es aber, bundesweit zu hohe Mindestlöhne festzulegen; regionale Unterschiede und die Wirtschaftskraft einzelner Unternehmenszweige seien zu berücksichtigten. Bei einem Mindestlohn von sieben oder acht Euro sei die Gefahr groß, dass Stellen gestrichen würden, warnte Neher. Arbeitsplätze, deren Entlohnung den Lebensunterhalt nicht deckten, müssten durch Kombilöhne oder Zuschläge unterstützt werden.

Der Limburger Diözesan-Caritasdirektor Hejo Manderscheid, kritisierte unter Hinweis auf Debatten um eine missbräuchliche Inanspruchnahme von Sozialleistungen einen "Missbrauch von Reichtum". Überzogene Vergütungen und exorbitante Abfindungen hätten nichts mehr mit Verantwortung und Leistung zu tun, betonte er in Frankfurt.

Seehofer: "Nicht hinnehmbare Auswüchse"
Bundesverbraucherminister Horst Seehofer (CSU) sagte der "Leipziger Volkszeitung", es gebe Nachholbedarf bei Kinderarmut, Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand und "mehr Netto in der Tasche". Das seien die wirklich wichtigen Dinge, nicht manche aktuellen Aufregungen um Managergehälter. Zweistellige Millionen-Einkommen oder Abfindungen in ähnlicher Höhe nannte Seehofer aber "nicht hinnehmbare Auswüchse".

Der stellvertretende FDP-Chef Rainer Brüderle meinte, Seehofers Forderung nach gerechterer Vermögensverteilung sei "kaum an Heuchelei zu überbieten". Schließlich trage die rot-schwarze Koalition die Verantwortung für die größten Ungerechtigkeiten wie die Halbierung des Sparerfreibetrags.

Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) trat Forderungen nach einer gesetzlichen Begrenzung von Manager-Gehältern entgegen. Der "Bild"-Zeitung sagte er: "Der Ruf nach dem Gesetzgeber ist überflüssig. In den Aufsichtsräten der großen Unternehmen können Gewerkschaften viel wirkungsvoller auf die Höhe der Managergehälter einwirken, als neue Gesetze das je könnten."