Kirchen werben für fair produziertes Spielzeug

Billig auf Kosten der Arbeiter

Die katholische Kirche hat dazu aufgerufen, beim Kauf von Spielzeug auf die Herstellungsbedingungen zu achten. "Spielzeug, das unseren Kindern schadet, schadet auch den Menschen, die es produzieren", sagte Misereor-Bischof Werner Thissen am Dienstag in Hamburg. In den vergangenen Monaten hatte es mehrere Rückrufaktionen von gesundheitsschädlichem Spielzeug aus China gegeben. Das katholische Hilfswerk Misereor setzt sich weltweit für faire Arbeits- und Handelsbedingungen ein.

 (DR)

Giftige Bestandteile und menschenunwürdige Arbeitsbedingungen seien nicht allein den chinesischen Lieferanten anzulasten, unterstrich der Hamburger Erzbischof. Diese stünden oft unter einem Kostendruck, der von Händlern und indirekt auch von vielen Käufern ausgeübt werde. "Wer Spielzeug billig verkaufen oder kaufen will, muss wissen, dass dies zu Lasten der Arbeiter geht", so Thissen. Er sprach sich dafür aus, den 2003 beschlossenen Verhaltenskodex der Spielzeugindustrie konsequenter umzusetzen.

China ist größter Spielzeugfabrikant der Welt -Arbeitsbedingungen oft menschenunwürdig

Sie bringt Kinderaugen zum Strahlen: Die Wangen rosig, der Mund lächelt, und wenn man ihr auf den Bauch drückt, kichert sie glucksend. Von langen Fließbändern in chinesischen Fabriken weiß sie nichts, auch nicht von Wanderarbeiterinnen, die bis zu sechzehn Stunden am Tag immergleiche rosa Anzüge für sie und ihre Schwestern genäht und auch sie einst gefertigt haben. Sie lächelt immer. Sie ist nur eine Puppe.

Rund die Hälfte aller Puppen, Puzzles, Kuschelbären und anderer Spielzeuge, die auch dieses Jahr unter deutschen Weihnachtsbäumen liegen werden, kommen aus chinesischen Fabriken. China ist der größte Spielzeughersteller der Welt. Hier beginnt der Weihnachtsstress schon im Mai: Die meist jungen Arbeiterinnen stehen dann oft 13 Stunden am Tag am Band, sieben Tage die Woche, ohne soziale Absicherung, belegte im August eine Studie der US-Menschenrechts-Organisation "China Labor Watch".

"Die Arbeitsbedingungen sind oft menschenunwürdig", weiß auch Uwe Kleinert von der Heidelberger Werkstatt Ökonomie. Wanderarbeiter würden häufig ohne Arbeitsvertrag beschäftigt und nach Ende der Saison entlassen. "Und bei der Erfassung der Arbeitszeit wird teilweise systematisch betrogen: Die Arbeiter werden aufgefordert, auszustempeln und danach an den Arbeitsplatz zurückzukehren".

Gemeinsam mit kirchlichen Hilfswerken arbeitet die Werkstatt Ökonomie im Bündnis "fair spielt" zusammen, das sich für eine gerechtere Spielwarenherstellung einsetzt. Immer mehr deutsche Spielzeugfirmen verlegen zumindest einen Teil ihrer Produktion ins Ausland. Selbst teure und qualitativ hochwertige Kuscheltiere oder Bilderbücher kommen oft aus Fernost. Zur Orientierung hat die Aktion "fair spielt" Listen mit Unternehmen erstellt, die in China produzieren (www. fair-spielt.de).

Doch auch die Branche ist nicht untätig. "Viele Firmen erkennen, dass sie Verantwortung tragen", sagt Kleinert. Der internationale Spielwarenverband ICTI hat im Jahr 2001 einen Verhaltenskodex mit grundlegenden Sozialstandards verabschiedet, an dem sich zahlreiche Firmen beteiligt haben. Die Unternehmen legen die Lieferanten offen, die dann nach und nach kontrolliert werden. Rund 670 Fabriken verfügen bereits über ein ICTI-Zertifikat, das für die Einhaltung von Sozialstandards steht.

"Der Weg ist richtig", urteilt Jürgen Bergmann vom Nürnberger Bündnis "Fair toys". Allerdings hätten die Überprüfungen auch gezeigt, dass in der überwiegenden Zahl der Fälle die geforderten Sozialstandards noch nicht erfüllt würden. Zum Teil würden "fatale Mängel" festgestellt. Wesentliche Verbesserungen hat es nach Erkenntnissen von Kleinert in den vergangenen Jahren allein bei der Arbeitssicherheit gegeben. Nun sind Schulungen für das Management der Fabriken geplant - Unterricht in Arbeitnehmerrechten. "Dabei wären wir schon weit, wenn nur die chinesischen Arbeitsgesetze beachtet werden", urteilt Kleinert.

Die chinesische Spielwarenindustrie hat ein skandalträchtiges Jahr hinter sich. Seit im Sommer die Firma Mattel Barbie-Puppen mit gesundheitsgefährdender Farbe zurückrufen musste, riss die Kette der schlechten Nachrichten nicht ab: Mal waren es Babyrasseln aus China, mal Wasserfläschchen, die aus den Regalen genommen werden mussten.

Wegen Qualitätsmängeln entzog die chinesische Regierung dann schließlich Anfang November 764 Spielzeugfabriken in der Provinz Guangdong die Exportlizenz. Allerdings dürften die meisten Bänder dann ohnehin stillgestanden haben: Die Container fürs Weihnachtsgeschäft sind im November längst verschifft.