Katholiken und Grüne weiter vereint gegen das Stammzellengesetz

"Irritiert und enttäuscht"

Kardinal Lehmann und die Vorsitzende der Grünen, Claudia Roth haben ihre Kritik an der Aufweichung des Stammzellengesetz bekräftigt. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, betonte im Berliner "Tagesspiegel", die katholischen Bischöfe lehnten eine weitere Aufweichung des Embryonenschutzes ab. Dazu zähle auch eine Verschiebung des Stichtags im Stammzellgesetz. Grünen-Chefin Claudia Roth bekundete am Montag ihre Unterstützung für diese Forderung.

 (DR)

In Deutschland gilt ein restriktives Embryonenschutzgesetz, nach dem Wissenschaftler in Deutschland nur embryonale Stammzellen verwenden dürfen, die vor dem Stichtag 1. Januar 2002 im Ausland entstanden sind.
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und Politiker von SPD und FDP wollen diesen Stichtag ganz abschaffen oder auf den 1. Mai 2007 verschieben. Vor einer Woche hatte auch der CDU-Bundesparteitag mit knapper Mehrheit dafür votiert, eine Stichtagsverschiebung im Stammzellgesetz nicht auszuschließen.

Lehmann kritisierte den Beschluss als Kursänderung, von der viele "irritiert und enttäuscht" seien. Es gehe in dieser Frage nicht nur um die Position der Kirche, sondern um die Überzeugung vieler Christen. Christliche Werte und Überzeugungen zeigten sich "nicht in erster Linie am Parteibuch, sondern in der Praxis und in konkreten Entscheidungen", so Lehmann. Es sei gut, wenn es "beim Lebensschutz auch mit den Grünen mehr Übereinstimmungen gibt".

Die katholische Kirche hat nach Überzeugung von Kardinal Karl Lehmann "zu allen demokratischen Parteien eine ähnlich große Nähe". Die Parteien entschieden durch ihre Politik selber, wie nah sie den Positionen des christlichen Glaubens seien.

Embryos dürfen nicht getötet werden
Der Kardinal mahnte, Embryos müssten geschützt und dürften nicht zu Forschungszwecken getötet werden. Jede Forschung mit embryonalen Stammzellen setze die Tötung menschlichen Lebens voraus. Selbst bei vermeintlich hochrangigen Forschungsinteressen dürfe die Politik den Lebensschutz nicht der Forschungsfreiheit unterordnen "und der embryonale Mensch wie ein Rohstofflager verzweckt werden". Das menschliche Leben beginne mit der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle und habe von Anfang an eine unveräußerliche Würde.

Zustimmung zur Kritik der katholischen Kirche kam auch von der Deutschen Evangelischen Allianz in Bad Blankenburg. Es sei sehr enttäuschend, dass sich die CDU in Fragen des Lebensschutzes "noch weiter von biblischen Maßstäben" entferne als bislang, erklärte ihr Generalsekretär Hartmut Steeb. Auch die Allianz lehne eine Verschiebung des Stichtags im Stammzellgesetz ab. In der Evangelischen Kirche gibt es aber auch Befürworter einer Verschiebung des Stichtags.

Grünen-Chefin Claudia Roth bekundete vor Journalisten in Berlin ihre Unterstützung für die von den Kirchen vertretene Position. Die CDU habe "das christliche Menschenbild für schnöde Lobby-Interessen geopfert", kritisierte Roth. Damit bereite sie den Weg für verbrauchende Embryonenforschung in Deutschland.

Schavan im Dilemma
Bundesforschungsministerin und ZDK-Mitglied Annette Schavan, Hatte sich vor dem CDU-Bundesparteitag für eine Verschiebung des Stichtags ausgesprochen. "Ich bin als katholische Christin jetzt auch in dem Dilemma, dieser Erwartung meiner Kirche nicht gerecht werden zu können", sagte sie in einem Interview mit der "Welt". Sie wehrte sich gegen Vorwürfe, sie habe sich vor den Karren der Forschungslobby spannen lassen.

Auch Kardinal Meisner hatte Schavan Prinzipienlosigkeit und "Missbrauch des Wortes 'katholisch' für eine von durchsichtigen Forschungsinteressen motivierte Kampagne" vorgeworfen - in seltener Einigkeit mit dem Grünen Volker Beck.