Anne Will diskutierte Sterbehilfe

"Schnellabfertigung" bei Dignitas

Ist Sterbehilfe ein Gnadenakt - oder zynische Geschäftemacherei? Diese Frage diskutierte Anne Will Totensonntag in ihrer Talkshow. Zu Gast war unter anderen der Dignitas-Gründer Ludwig Minelli. Eine ehemalige Schweizer Mitarbeiterin, Soraya Wernli, warf Minelli in der Sendung vor, Dignitas sei zu einer Schnellabfertigung des Todes übergegangen. Es könne nicht sein, dass Menschen nur ein kurzes Gespräch mit dem Arzt hätten und dann noch am selben Tag in den Freitod gingen.

 (DR)

Die Frage, ob Menschen zum Suizid überredet worden seien oder Druck ausgeübt werde, verneinte Wernli. Es habe aber Situationen gegeben, bei denen es andere Optionen gegeben hätte, als den Freitod anzubieten. Zudem sprach sie von einem festen Ablauf, bei dem die Menschen mitliefen, ohne eine Chance zu haben, ihre Entscheidung noch einmal zu überdenken. Die ehemalige stellvertretende Dignitas-Geschäftsführerin berichtete von zwei Fällen aktiver Sterbehilfe, die ihr bekannt seien. Die Staatsanwaltschaft Zürich würde deshalb gegen Dignitas ermitteln.

Minelli unglaubwürdig
Dignitas-Gründer Ludwig Minelli hatte Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zuvor auf Nachfrage von Anne Will abgestritten. Nach dem eingespielten Interview mit Soraya Wernli bezichtigte Minelli die ehemalige Mitarbeiterin als Polizeispitzel.

Wernli habe als Polizeispitzel bei Dignitas gearbeitet und sage, was der Staatsanwalt seit Jahren behaupte.
Minelli forderte eine Änderung der Gesetzgebung, die die Aktivitäten der Sterbehilfeorganisation auch in Deutschland legalisiert. Kosten von derzeit 5.900 Euro für den von Dignitas assistierten Suizid begründete Minelli mit Rechtskosten und einem "enormen Beratungsaufwand".

Sterbebegleitung
Die Kirche war in der Sendung durch den katholischen Pfarrer Overkämping auf der "Gästecouch" vertreten. Die auch von der Kirche geforderte Hilfe und Begleitung Sterbender wurde in der Sendung von der Palliativmedizinerin Dr. Ingeborg Jonen-Thielemann vertreten. "Wenn ein Mensch sterben will vor seiner Zeit, dann ist der verzweifelt. Dieser Mensch braucht Hilfe, aber eben nicht Hilfe zur Tötung, Tötung ist kein Weg." Die Medizinerin gründete 1983 die erste Palliativstation Deutschlands in der Kölner Uniklinik.