NRW-Schulpolitik in der Kritik - Krach in der Koalition

FDP rückt von dreigliedrigem Schulsystem ab

Die NRW-FDP rückt überraschend vom gegliederten Schulsystem ab und schlägt die Schaffung einer "regionalen Mittelschule" vor. In dieser neuen Schulform sollten die bisher eigenständigen Haupt-, Real- und Gesamtschulen "unter einem Dach pädagogisch verzahnt werden", erklärte Landesvorsitzender Andreas Pinkwart am Montag in Düsseldorf. Lediglich an der Eigenständigkeit des Gymnasiums wollen die Liberalen festhalten. Der Vorstoß der FDP sorgte für kontroverse Diskussionen zwischen den Ministern im Führungsgremium der Koalition aus CDU und FDP, die NRW regiert.

 (DR)

Im Koalitionsausschuss der schwarz-gelben Landesregierung ist es wegen der Schulpolitik zu einem heftigen Krach gekommen. "Das ist eine schwierige Situation", sagte ein Koalitionsvertreter am Dienstag in Düsseldorf .
Die Liberalen wollen das Thema Mitte 2007 auf einem Kongress zur Schulpolitik "ergebnisoffen" diskutieren, sagte FDP-Landeschef Andreas Pinkwart. Dabei werde es auch um die Frage einer größeren Entscheidungsfreiheit der Kommunen bei der Gestaltung der regionalen Schulstruktur gehen.

Die CDU hatte sich seit Monaten auf ein Festhalten am dreigliedrigen Schulsystem aus Hauptschulen, Realschulen und Gymnasien festgelegt. SPD und Grüne fordern dagegen eine Gemeinschaftsschule in NRW.

Passgenaue Lösungen gesucht
Mit ihren Vorstoß will die FDP laut Pinkwart den wegen sinkender Schülerzahlen drohenden Schulschließungen an Rhein und Ruhr Rechnung tragen. "Wir brauchen passgenaue Lösungen für die Regionen", sagte der NRW-Wissenschaftsminister. Die Entscheidungsfreiheit der Kommunen bei ihrer Schulstruktur müsse vergrößert werden. Pinkwart schloss nicht aus, dass Schüler an der neuen Mittelschule auch das Abitur erwerben können. Über die konkrete Ausgestaltung will die FDP in den kommenden Monaten mit Experten und Wissenschaftlern diskutieren.

Eine von SPD und Grünen favorisierte Gemeinschaftsschule, in der alle Schüler bis zum 7. Schuljahr gemeinsam unterrichtet werden, lehnen die Liberalen allerdings strikt ab. Nach der vierjährigen Grundschule müsse den Kindern der Weg auf das Gymnasium als eigenständiger Schulform eröffnet werden, so Pinkwart. Im internationalen Vergleich sei der hohe Qualitätsstandard des Gymnasiums unbestritten und müsse unbedingt erhalten und weiter ausgebaut werden.

Gymnasium soll bleiben
Die NRW-CDU, mit der die Liberalen das Land regieren, hält derzeit noch strikt am dreigliedrigen Schulsystem fest. Die Fraktionsvorsitzende der oppositionellen Landtags-Grünen, Sylvia Löhrmann, nannte den FDP-Vorstoß "einen Schlag ins Gesicht der CDU". Nach den schlechten Umfragewerten für die Schulpolitik der Landesregierung habe der FDP-Landesvorsitzende "die Büchse der Pandora" geöffnet. Mit diesem Abrücken gebe es jetzt im Landtag eine parlamentarische Mehrheit für neue Schulformen in den Kommunen, so Löhrmann.