Integratives Bildungssystem gegen Ausgrenzung behinderter Kinder

"Eine Schule für alle"

Der Kinderschutzbund und Elternverbände haben ein integratives Bildungssystem und ein Ende der Ausgrenzung behinderter Kinder in Nordrhein-Westfalen gefordert. "Wir brauchen andere Schulstrukturen", sagte der Landesvorsitzende des Kinderschutzbundes, Dieter Greese. Eine kindgerechte Schule müsse ein möglichst langes gemeinsames Leben und Lernen aller Kinder auf der Basis individueller Förderpläne bieten.

 (DR)

"Wir verlangen Schulwahlfreiheit auch für behinderte Kinder und ihre Eltern", unterstrich Eva-Maria Thoms vom Kölner Elternverein "Wir mittendrin".
Während überall in Europa immer mehr behinderte Kinder an allgemeinen Schulen unterrichtet würden, bilde Deutschland das Schlusslicht. Bisher besuchten bundesweit 87 Prozent aller behinderten Kinder Förderschulen, in NRW sogar 91 Prozent. Für diese Schüler sei der Weg in die Behindertenwerkstatt oder "Maßnahmen" vorgezeichnet. Eine "Ausgrenzung"
behinderter oder lernschwacher Kinder aus dem "normalen" Schulsystem
beschränke deren Lebensperspektiven und führe zu seelischen
Verletzungen, argumentierte der NRW-Landesvorsitzende Dieter Greese
am Montag in Düsseldorf. Der Besuch einer "normalen" Schule dürfe
einem behinderten Kind deshalb nicht länger verweigert werden.

Voneinander lernen
Thoms und Greese appellierten an die Landesregierung, endlich die UN-Konvention über Rechte behinderter Menschen umzusetzen. "Die Bundesländer werden sich in ihrer Schulpolitik auf die internationale Rechtslage einstellen müssen", sagte Thoms. "Wir wollen eine Schule für alle." Im gemeinsamen Unterricht könnten alle Kinder voneinander lernen und Anregungen bekommen. "Das gilt für Hochbegabte genauso wie für geistig behinderte Kinder", betonte Thoms. Thoms kritisierte, durch den zehnjährigen Besuch einer Sonderschule würden die behinderten Kinder der Gesellschaft entfremdet und eine Integration unnötig erschwert.

Kritik übten die Elternvertreter an den in NRW geplanten sonderpädagogischen Kompetenzzentren an Förderschulen. Nach den bisher vorliegenden Eckpunkten sollten Kompetenzzentren künftig die sonderpädagogischen Lehrerstunden für den integrativen Unterricht an allgemeinen Schulen verteilen, hieß es. Er befürchte, dass sich die Förderschulen dabei zunächst selbst für ihre eigenen Klassen bedienten, sagte Bernd Kochanek von der Landesarbeitsgemeinschaft "Gemeinsam Leben". Das gehe auf Kosten des gemeinsamen Unterrichts.

Der Kölner Elternverein setzt sich zusammen mit dem Kinderschutzbund für die "Schule für Alle" ein. Unter der Feder der beiden Einrichtungen findet ein vom 16. bis 18. November in Köln ein Fachkongress statt. Dort werden 350 Fachleute und mehr als 1.500 Besucher erwartet. Neben Fachvorträgen, Seminaren und Diskussionen stehen auch Praxisbeispiele zum gemeinsamen Unterricht auf dem Programm.