Neuer Nuntius sieht wachsende Rolle der Kirche in Deutschland

Kein "antirömischer Affekt" in Deutschland

Der neue Apostolische Nuntius in Deutschland, Jean-Claude Perisset, sieht für die katholische Kirche eine wachsende Rolle im politischen Leben. Die gegenwärtige Zeit sei "für die Kirchen, die einen gesellschaftlichen Einfluss ausüben wollen, günstig und voller Herausforderungen", sagte der künftige Botschafter des Papstes in einem Interview der neuen Ausgabe des in Rom erscheinenden "Vatican-Magazin".

 (DR)

Der 68-jährige Schweizer tritt in wenigen Wochen sein Amt in Berlin an. Bislang war er Vertreter des Heiligen Stuhls in Rumänien und Moldawien.

Mit ihrer langen Tradition sozialen Engagements nehme die Kirche in Deutschland Einfluss auf Gesellschaft und Politik, betonte Perisset. Ihr Einsatz müsse jedoch "der von Jesus Christus vorgegebenen Linie" folgen, für die das Lehramt verantwortlich sei.

Den Zustand der katholischen Kirche in Deutschland beurteilte Perisset als "durchaus positiv". Als Beispiele nannte er die Beteiligung der Bevölkerung an kirchlichen Feiern, aber auch den Weltjugendtag 2005 in Köln sowie die Zahl der Priesteramtskandidaten im Bistum Augsburg, von der ihm berichtet worden sei.

Der Nuntius widersprach der Auffassung, in Deutschland gebe es einen besonderen "antirömischen Affekt". In den deutschen Bistümern sehe er vielmehr eine "Tradition größerer Autonomie"
gegenüber Rom, die das Zweite Vatikanische Konzil (1962--65) gefördert habe. "Wenn hier übertriebene Vorstöße versucht werden, muss man den Grund dafür erkennen und nach einem Weg suchen, dieses Verhalten zu überwinden", sagte Perisset. Es komme darauf an, die Autonomie der Ortskirchen in die Einheit der Gesamtkirche einzubinden. Dafür trage letztlich Rom die Verantwortung.