An die "Privatreise" knüpfen sich große Erwartungen im In- und Ausland

Merkel besucht Bush in Texas

Begleitet von großen Erwartungen im In- und Ausland ist Bundeskanzlerin Angela Merkel am Freitag zu US-Präsident George W. Bush auf dessen texanische Ranch gereist. Die Einladung auf den privaten Landsitz der Bush-Familie in Crawford gilt als Vertrauensbeweis. Merkels Amtsvorgänger Gerhard Schröder (SPD) war diese Ehre nicht zuteil geworden.

 (DR)

Die Kanzlerin wurde auf ihrer als privat bezeichneten Reise - dem Gegenbesuch zum Treffen Merkels mit Bush in Greifswald und Trinwillershagen im Juli 2006 - von ihrem Ehemann Joachim Sauer begleitet. Merkel und Bush wollten bis zum Samstag über eine breite Themenpalette beraten, über die Lage im Iran, im Kosovo und in der sudanesischen Region Darfur, über den Nahost-Friedensprozess, den Kampf gegen den Terrorismus, aber auch die laufende Welthandelsrunde und die Vorbereitung der Klimakonferenz in Bali.

Merkel wollte sich bei Bush für eine diplomatische Lösung des Atomkonflikts mit Iran einsetzen. Der US-Präsident hatte am Mittwoch in einem Interview betont, er glaube fest daran, dass das Problem diplomatisch gelöst werden könne.

Merkel als Freundin wahrgenommen
Der Koordinator der Bundesregierung für die deutsch-amerikanische Zusammenarbeit, Karsten Voigt (SPD), sagte zum Ziel des Besuchs: "Der politische Zweck ist, zu symbolisieren, dass die beiden Chefs, die Kanzlerin und der Präsident, sich gut verstehen, und dass die Beziehungen zwischen den Staaten gut sind, und dass man deshalb Probleme besser lösen kann als in einer gespannten Atmosphäre."

Merkel werde in den USA als Freundin wahrgenommen. Deutschland gelte als Partner, "der wichtig im europäischen Kontext ist und der natürlich in Afghanistan Erhebliches bei der Stabilisierung des Landes leistet und dessen Zusammenarbeit gefordert wird bei der Einschränkung und Verhinderung der Gefahr, dass Iran Nuklearwaffen erwirbt", sagte Voigt.

Die pakistanische Oppositionsführerin Benazir Bhutto appellierte derweil an Merkel: "Frau Bundeskanzlerin, richten Sie Präsident Bush aus, dass die Menschen in Pakistan Demokratie wollen und keine leeren Versprechungen, mit denen uns Präsident Musharraf hinhält." Pervez Musharraf müsse sofort als Militärchef zurücktreten.

Erwartet: Klartext
Grünen-Chefin Claudia Roth sagte, Merkel sein nun gefordert, "ihre Schöne-Worte-Attitüde abzulegen und gegenüber Präsident Bush eine deutliche Sprache zu finden. Sie muss den amerikanischen Kriegsdrohungen widersprechen, das gefährliche Gerede von einem dritten Weltkrieg muss vom Tisch."

Der Unions-Außenpolitiker Willy Wimmer (CDU) erwartete von Merkel, dass sie auf der Ranch des US-Präsidenten Klartext spricht. Die Kanzlerin wisse sehr genau, "wie die Deutschen denken". SPD-Altkanzler Helmut Schmidt habe mit seiner Warnung vor Kriegsabenteuern und seinen Mahnungen, dass sich die Bundesrepublik mehr um gute Nachbarschaften als um die Weltpolitik kümmern solle, die Grundbefindlichkeit der deutschen Mehrheit überzeugend formuliert: "So denkt Deutschland - und zwar in einer solchen Breite, dass niemand das ignorieren kann", sagte Wimmer.

Der Besuch in Texas ist Merkels sechste Reise in den USA. Im Weißen Haus traf Merkel den amerikanischen Präsidenten im Januar und Mai 2006 sowie im Januar und April 2007. Im September dieses Jahres sprach Merkel zudem vor der UN-Vollversammlung in New York.