Minister streiten um Betreuungsgeld - Steinbrück legt Veto gegen von der Leyens Gesetzesvorschlag ein

Eine Koalition, zwei Meinungen

In der Debatte um den geplanten Ausbau der Kinderbetreuung streitet die große Koalition um die Interpretation ihrer eigenen Beschlüsse. Das Bundesfinanzministerium verlangte am Freitag, die Streichung einiger Passagen in dem von Familienministerin Ursula von der Leyen vorgelegten Gesetzesplan für ein Betreuungsgeld weil diese nicht den Vereinbarungen in der Koalition entsprächen. Dem widersprechen hochrangige CDU-Mitglieder.

 (DR)

Nordrhein-Westfalens Familienminister Armin Laschet (CDU) betonte, Union und SPD hätten im Mai im Koalitionsausschuss genau das wörtlich beschlossen, was nun im Gesetzentwurf des Bundesfamilienministeriums zum Ausbau der Kleinkindbetreuung stehe. Unions-Fraktionsvizechefin Katherina Reiche (CDU), sagte, sie habe die Sorge, dass von dem Betreuungsgeld ein falscher Anreiz für Eltern ausgehen könnte. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund warnte vor der Einführung eines Betreuungsgeldes, das Eltern erhalten sollen, die ihre Kinder zuhause betreuen.

Von der Leyen hatte das Betreuungsgeld zunächst abgelehnt, dann aber doch in den Gesetzentwurf zum Ausbau der Kinderbetreuung aufgenommen. Ihr Ministerium betonte allerdings, dass die Passage keine direkt bindende Wirkung habe.

Der Sprecher von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD), Torsten Albig, sagte, sein Ministerium bestehe darauf, dass die fragliche Passage, in der das Betreuungsgeld für 2013 in Aussicht gestellt wird, wieder aus dem Gesetzestext entfernt werde. Besonders kritisch sehe das Finanzministerium den von der Familienministerin eingefügten und in der Koalition nicht abgesprochenen Satz, wonach die Einzelheiten des Betreuungsgeldes "durch ein Bundesgesetz zu regeln" seien. "Jede Bezugnahme auf den Bund widerspricht den Koalitionsvereinbarungen und muss entfernt werden", sagte Albig. Der Entwurf von der Leyens soll in der kommenden Woche im Kabinett beraten werden.

Von der Leyens Sprecher Jens Flosdorff sagte dagegen: "Die jetzige Vorlage aus unserem Haus setzt eins zu eins das um, was der Koalitionsausschuss zuvor vereinbart hatte." Die Ministerin sehe nach wie vor Gesprächsbedarf bei der konkreten Umsetzung des Betreuungsgeldes. Da dies erst 2013 anstehe, könne nun in Ruhe politisch diskutiert werden. Flosdorff trat dem Eindruck entgegen, von der Leyen habe im Zusammenhang mit dem Betreuungsgeld einen grundsätzlichen Meinungswandel vollzogen. Ziel der Ministerin bleibe es, dass ein Betreuungsgeld keine Anreize setzen dürfe, die Kinder mit schlechten Startchancen von fördernden Betreuungseinrichtungen fernhalten.

Laschet sagte, der Ansatz, Familienarbeit zuhause anzuerkennen, sei richtig. Für viele unter Dreijährige sei es eine große Chance, in die Krippe zu gehen. Für andere sei es gut, zuhause betreut zu werden. "Das sollten wir nicht vorschreiben", sagte Laschet. Er wandte sich aber gegen das Vorhaben, für daheim erziehende Eltern eine Geldzahlung von 150 Euro im Monat einzuführen, wie dies die CSU verlangt. Stattdessen solle den Eltern der Rentenanspruch erhöht werden.

Reiche sagte, sie habe die Sorge, dass von dem Betreuungsgeld ein falscher Anreiz für Eltern ausgehen könnte. Für sinnvoller halte sie den Vorschlag von der Leyens, Eltern mit Gutscheinen für pädagogische und kulturelle Angebote zu unterstützen.

Der Hauptgeschäftsführe des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, sagte, ein Betreuungsgeld setze die falschen politischen Prioritäten, verzögere den Einstieg der Kommunen in den Aufbau der notwendigen Kinderbetreuungsstruktur und fördere die Benachteiligung bildungsferner Schichten. Er halte es auch für sehr ungewöhnlich, reine Wunschvorstellungen in ein Gesetz zu schreiben. "In einem Gesetz sollen Tatbestände und kein politischer Wunschkatalog festgehalten werden", kritisierte Landsberg. Zudem könne er sich "nur wundern, dass der Bund offenbar im Geld schwimmt, wenn er jetzt 1,3 Milliarden Euro zusätzlich für ein Betreuungsgeld einsetzen will". Wenn von der Leyen allen etwas bieten wolle, solle sie am Gutscheinmodell festhalten.