Der neue Erfolg der Weiblichkeit - Ulla Schmidt im domradio-Interview

Ladies First

Mehr Mädchen als Jungen machen heutzutage Abitur und einen Hochschulabschluss. Und: Studien bescheinigen Frauen wichtige Führungseigenschaften wie Kommunikationstalent und Durchhaltevermögen. Aber: Im Top-Management deutscher Konzerne sind Frauen nach wie vor eine seltene Spezies - weniger als fünf Prozent haben sich einen Chefsessel erobert. SPD-Politikerin und Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt spricht im domradio-Interview über ihren Erfolg und über weibliche Strategien der Macht.

 (DR)

"Ich glaube, es würde mir niemand unterstellen, dass ich nicht durchsetzungsstark wäre," so Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt. "Ich versuche aber meinem Gegenüber immer das Gefühl zu geben, dass er mit dabei ist." Ein respektvoller Umgang und die Konzentration auf das Wesentliche - so beschreibt Schmidt ihr Erfolgsrezept im Beruf. "Ob das typisch Frau ist, weiss ich nicht. Es ist jedenfalls typisch für mich", sagt Schmidt.

Nicht besser sondern anders
Den weiblichen Führungsstil zeichne vor allem aus, dass es nicht immer um Macht und Gewinnen gehe. "Unter den Frauen im Kabinett ist man nicht so sehr auf Strukturen bedacht", beobachtet Schmidt. Entscheidungen treffe man dadurch auf "kleinerem Wege". Die Frau denke einfach praktisch und lösungsorientiert. Das hieße jedoch nicht, dass Frauen die besseren Politiker seien. "Es gibt Frauen, an der Spitze, die genauso diktatorisch sein können wie andere", so die Gesundheitsministerin. "Ich glaube, dass Frauen einfach andere Fähigkeiten mit in den Beruf einbringen". Eine Frau, die schon früh eine Familie organisieren musste, bringe diese organisatorischen Fähigkeiten mit in das Berufsleben. Das Frauen zwangsläufig immer die bessere Wahl für Spitzenpositionen sind, stehe deshalb jedoch nicht unbedingt fest: es habe noch nicht so viele Frauen Spitzenpositionen gegeben, als dass man das wirklich beurteilen könne. "Wenn man sich aber die deutschen Manager anschaut, dann bin ich überzeugt, dass in diesen Kreisen ein höherer Anteil Frauen nicht schaden würde", sagt Schmidt. Die Demokratie müsse die Erfahrungen beider Geschlechter miteinbringen. "Nur so kann es zu Kompromissen kommen."

Ja zur Familie, Ja zum Beruf
Insgesamt beginne der Anteil weiblicher Führungskräfte zu wachsen, beobachtet Schmidt. "Frauen werden gebraucht, man braucht ihre Qualifikation." Als Frau mit Kindern sei man aber trotz guter Betreungsangebote immer noch mehr belastet als die Mehrheit der Väter. "Die Frage der Organisation ist in der Regel immer noch bei den Frauen angesiedelt."
In den letzten Jahren seien gesetzgeberische Rahmenbedingungen geschaffen worden, die es Frauen ermöglichen "Ja" zu Familie und Kind zu sagen, ohne dass das gleichzeitig ein "Nein" an den beruflichen Weg bedeute. Daher sei es wichtig, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu fördern. "Dann wird es auch mehr Frauen in Führungspositionen geben."    


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