Bischöfe aus jungen Kirchen zur Mission im Jahr 2007

"Dialog des Lebens"

Am Wochenende begeht die katholische Kirche in Deutschland unter dem Motto "Geht hinaus in die ganze Welt und verkündet die Frohe Botschaft" den Weltmissionssonntag. Seit 175 Jahren engagiert sich das Hilfswerk missio für die Unterstützung der jungen Kirchen in anderen Erdteilen. Zwei Bischöfe, Wenceslao Padilla aus der Mongolei und Paride Taban aus dem Sudan, schilderten in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Berlin anlässlich des missio-Jubiläums, was für sie Mission bedeutet.

 (DR)

Sie stehen auf ihre Art für Grenzerfahrungen: Der gebürtige Philippino Padilla (58) ist der erste katholische Bischof in der Mongolei überhaupt. Taban (71), emeritierter Bischof von Torit im Südsudan, lebte jahrelang obdach- und mittellos unter den Opfern des sudanesischen Bürgerkrieges.

KNA: Exzellenzen, in Deutschland redet kaum noch jemand von Mission oder seiner religiösen Identität. Wie sieht das in Ihren Ländern aus?

Padilla: Nach dem Ende der kommunistischen Herrschaft finden die Mongolen gerade erst aus einem spirituellen Vakuum heraus. Sie hungern nach neuen Ideen. Wir wollen den Menschen mit unseren Antworten nahe sein, indem wir konkret etwas für sie tun. Deshalb haben wir mit Sozial- und Bildungsprogrammen begonnen, bevor wir überhaupt die erste Gemeinde gründen konnten. Sie dürfen nicht vergessen: Derzeit haben wir nur 415 getaufte Mongolen in mittlerweile vier Pfarreien. Aber zwei Drittel derer, die in die Gottesdienste kommen, sind nicht getauft. Es ist ein langer Weg, den Glauben in den Herzen der Menschen zu wecken. Das braucht Kreativität. Und wir haben noch nicht einmal die Bibel in der mongolischen Landessprache.

Taban: Eigentlich ist der Sudan ein urchristliches Land seit weit über tausend Jahren. Aber seit der Vertreibung der Missionare in den 1960er Jahren fehlt es oft an einfachstem Wissen. So fangen wir fast bei Null an. Wir müssen den Glauben stärken. Dafür brauchen unsere Priester eine bessere Ausbildung. Gewiss, sie lernen Philosophie und Theologie. Aber sie brauchen konkreteres seelsorgerliches Wissen, um den Menschen wirklich begegnen zu können. Das ist eigentlich wichtiger, als die im Bürgerkrieg zerstörten Kirchengebäude wieder aufzubauen. Außerdem wollen wir als Kirche nach allen Gräueln der Kriegsjahre den Geist der Vergebung und des Mitgefühls stärken. Wir wollen den Feinden zeigen, dass sie Brüder und Schwestern sind.

KNA: Und daraus wird dann Mission?

Taban: Es ist so einfach wie grundsätzlich: Seit meiner Bischofsweihe 1983 lautet mein Motto "Gott ist Liebe". In all den Jahren des Krieges war es unsere Mission, bei den Menschen zu sein, die uns brauchen. Unser Leitwort: Vereinigt stehen wir, alleine fallen wir. Das gilt dann auch für die Ökumene. In allen Schwierigkeiten stehen wir zusammen wie eine Familie Gottes. Deshalb gelang es den islamistischen Fundamentalisten auch nicht, uns zu trennen und gegen uns vorzugehen.

Padilla: So verschieden unsere Situation ist, gilt doch: Mission ist Dialog des Lebens. Der Dialog ist Voraussetzung für die Mission: Das Gespräch der Kulturen und der Traditionen. Und unsere Katholiken sprechen viel über ihren Glauben. Aber diese Situation, in der wir auf die Hilfe der Katholiken in anderen Ländern angewiesen ist, zeigt auch, dass Mission auch Partnerschaft sein muss. Einerseits eine Partnerschaft mit Gott, denn Gott war gewiss schon in der Mongolei, bevor wir dorthin kamen. Andererseits mit all jenen, die uns konkret durch Spenden und Gebete unterstützen.

KNA: In Deutschland würden viele Menschen nie mit Nachbarn oder Kollegen über ihre Religion sprechen.

Padilla: Eine solche Mentalität ist mir doch sehr fremd. Ich kenne Deutschland gar nicht. Aber wenn ich hier Missionar wäre, müsste ich zunächst diese Mentalität kennenlernen, um die Menschen verstehen zu können und ihnen begegnen zu können. Die Seelsorger müssen die Nähe zu den Menschen suchen.

Taban: Wer meint, alles zu haben, der glaubt dann, den anderen nicht nötig zu haben. Aber wir brauchen uns alle gegenseitig.
Deshalb wollen wir im Sudan auch bei unserer Mission den Geist der Toleranz leben und einander unterstützen, über die Grenzen der jeweiligen Religionsgemeinschaften hinaus. Ich glaube, dass wir aus Afrika oder Asien diese Freude an der Mission, aber auch die Toleranz vor dem Anderen den Christen in Deutschland vorleben können.

KNA: Bekommen Sie wegen Ihrer missionarischen Aktivitäten keine Schwierigkeiten - bei Islamisten im Sudan, bei Buddhisten oder Muslimen in der Mongolei?

Taban: Wir wollen keinen Muslim bekehren, auch keinen Protestanten. Wir wollen den Menschen lediglich dienen. Ein ehrlicher Dialog mit dem Islam ist angesichts des islamistischen Regimes in Khartum aber kaum möglich. Die einfache muslimische Bevölkerung ist jedoch sehr dankbar für unser kirchliches Engagement.

Padilla: In der Mongolei gibt es keine ökumenischen Spannungen.
Vielleicht auch deshalb, weil wir es vermeiden, über Dogmen zu sprechen; wir leben den Glauben konkret im Alltag. Als katholische Kirche wollen wir durch unsere Präsenz auch niemanden vor den Kopf stoßen, sondern suchen nach Möglichkeiten der Zusammenarbeit. Aber nach der langen, vom Kommunismus verordneten geistlichen Leere sehnen sich die Menschen nach Antworten. Als Kirche führen wir in der Mongolei einen intensiven interreligiösen Dialog, beten auch gemeinsam für den Frieden.

Persönlich besuche ich regelmäßig die Führer der anderen Religionen, vor allem der Buddhisten.

Interview: Christoph Strack und Steffen Zimmermann