Prozess zu den Siegburger JVA-Morden endet mit langen Haftstrafen

Tatmotiv: Mordlust

Mit der Verkündung langjähriger Haftstrafen gegen das Täter-Trio ist am Donnerstag der Prozess um den brutalen Foltermord an einem 20-jährigen Häftling der Justizvollzugsanstalt Siegburg zu Ende gegangen. Das Landgericht Bonn verhängte Gefängnisstrafen zwischen zehn und 15 Jahren.

 (DR)

Mit den verhängten Gefängnisstrafen blieb die Jugendkammer des Bonner Landgerichts bei den beiden älteren Angeklagten unter dem von der Staatsanwaltschaft geforderten Strafmaß. Der jüngste Angeklagte erhielt die höchste Jugendstrafe von zehn Jahren. Das vorrangige Tatmotiv sei Mordlust gewesen, erklärten die Richter im vollbesetzten Verhandlungssaal.

Das Verbrechen hatte wegen der Brutalität der Täter bundesweit Entsetzen und eine Diskussion über die Zustände in den Jugendstrafanstalten ausgelöst. Darüber verlor die Kammer bei der Urteilsverkündung keine Silbe. Inzwischen wurden die Ermittlungsverfahren gegen den damaligen Leiter der Haftanstalt und vier Justizvollzugsbeamte eingestellt. Im Düsseldorfer Landtag versucht ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss die politische Verantwortung für das Verbrechen zu klären. Seit dem Foltermord sind im Jugendstrafvollzug von Nordrhein-Westfalen keine Zellenbelegungen mit drei oder vier Häftlingen mehr gestattet.

Schuld eindeutig erwiesen
Der heute 20-jährige mutmaßliche Anstifter des Mordes muss für 15 Jahre ins Gefängnis. Staatsanwalt Robin Faßbender hatte eine lebenslange Haft mit der Feststellung der besonderen Schwere der Schuld gefordert. Ein heute 21-jähriger Angeklagter, für den die Staatsanwaltschaft 15 Jahre Haft gefordert hatte, muss für 14 Jahre hinter Gitter.

Der Vorsitzende Richter Volker Kunkel sah es nach elf Prozesstagen und der Anhörung von rund 40 Zeugen als erwiesen an, dass das Trio am 11. November 2006 in einer Gemeinschaftszelle der JVA den Mithäftling Hermann H. über fast zwölf Stunden misshandelte. Er sei gequält, vergewaltigt und schließlich gezwungen worden, sich an der Toilettentür der Zelle selbst zu erhängen. Die drei jungen Männer auf der Anklagebank nahmen den Richterspruch äußerlich ungerührt entgegen. Die Verteidiger hatten durchweg geringere Haftstrafen für ihre Mandanten gefordert. Ein Gutachter hingegen kam zu dem Schluss, dass die beiden älteren Angeklagten wie Erwachsene zu behandeln seien. Das Trio hatte zum Auftakt des spektakulären Prozesses die Tat in allen Einzelheiten gestanden.

Hilferufe vergebens
Ein Streit bei einem gemeinsamen Kartenspiel in der 20 Quadratmeter großen Gefängniszelle mit der Nummer 104 sei eskaliert, schilderte der Richter den Tathergang. Frust und Langeweile der Täter hätten sich dann in einem gemeinsam beschlossenen brutalen Martyrium für ihr Opfer entladen, das für den jungen Mann mit dem Tod endete. Der Verletzte hatte vergeblich versucht, durch Schreien und Drücken des Alarmknopfs auf sich aufmerksam zu machen und Hilfe zu holen. Das Gefängnispersonal will die Vorgänge in der Zelle nicht bemerkt haben, obwohl die Justiz-Mitarbeiter am Tattag mehrmals in der Zelle nachschauten. Die Leiche des jungen Mannes wurde am nächsten Morgen gefunden. Die Täter hatten nach eigenen Angaben geplant, den Tod als Selbstmord darzustellen, um wegen angeblicher psychischer Belastung Hafterleichterungen oder eine frühere Entlassung zu erreichen.