Rätselraten um die Bibel von Mafia-Boss Provenzano

Mordaufträge im Buch der Bücher?

Die Bibel von Mafia-Boss Bernardo Provenzano gibt weiterhin Rätsel auf. Laut einem Bericht der italienischen Tageszeitung "Corriere della Sera" vom Donnerstag soll das Buch, das bei Provenzanos Verhaftung im April 2006 in seinem Unterschlupf gefunden wurde, der verschlüsselten Kommunikation mit anderen Mafiosi gedient haben.

 (DR)

Ein zu den Ermittlungen hinzugezogener Theologe sei zu der Auffassung gekommen, die zahlreichen Unterstreichungen und Anmerkungen könnten nicht allein von der persönlichen Lektüre der Heiligen Schrift herrühren. Möglicherweise habe der sizilianische "Boss der Bosse" eine biblisch-symbolische Geheimsprache benutzt, um seine Anweisungen zu erteilen. Welche konkreten Botschaften indessen hinter dem Zeichensystem stünden, sei weiter unklar.

"Abschreiben bis Vers 8"
Wie die Zeitung berichtet, sind 90 Prozent des Textes mit verschiedenen Linien unterstrichen. Zudem habe Provenzano etliche bunte Pfeile, Klebezettel und Bleistiftnotizen eingefügt. Neben einzelnen Bibelstellen stünden Anmerkungen wie "Für meinen Sohn Angelo". Am Beginn des 59. Kapitels im Buch Jesaja notierte Provenzano laut der Zeitung "Abschreiben bis Vers 8" - die Passage handelt von Sündern, die unschuldiges Blut vergießen.

Die italienische Bibel, eine Ausgabe von 1968, war das einzige Buch im Besitz Provenzanos, der nach 40 Jahren als meistgesuchter Mafiaboss im April in einem Schuppen nahe seiner sizilianischen Heimatstadt Corleone festgenommen wurde. Daneben fand sich ein Heiligenbildchen des in Italien besonders verehrten Pater Pio.

Experten der italienischen Polizei und des amerikanischen Geheimdienstes FBI untersuchten dem "Corriere" zufolge die Bibel, konnten in den Notizen aber keinen Geheimcode finden.