Scharfe Kritik an Züchtung von Mensch-Tier-Embryonen

Fallen letzte Grenzen?

Die von britischen Forschern geplanten Experimente an Mischwesen aus Mensch und Rind sind in Deutschland und Europa auf scharfe Kritik gestoßen. Die Bundesärztekammer, SPD- und Grünen-Politiker und die katholische Kirche lehnten am Donnerstag das Experiment ab. Im domradio-Interview erläutert der Augsburger Weihbischof Dr. Anton Losinger die Gründe. Er ist Mitglied des Nationalen Ethikrates.

 (DR)

Die britische Aufsichtsbehörde für Fortpflanzungsmedizin und Embryologie (HFEA) hatte am Mittwochabend in London dem Antrag zweier Forschungsgruppen stattgegeben, die menschliches Erbgut in tierische Eizellhüllen übertragen wollen. Die im Labor heranreifenden Embryonen sollen der Gewinnung neuer Erkenntnisse über Stammzellen dienen und nach 14 Tagen zerstört werden. Lebewesen, die das Erbgut von mindestens zwei verschiedenen Arten in sich tragen, nennen Naturwissenschaftler Chimären.

Die Bundesärztekammer wies das Vorhaben als Grenzüberschreitung zurück. Es gebe bessere Wege, den Verbrauch menschlicher Eizellen zu umgehen, erklärte Ärztekammer-Präsident Jörg-Dietrich Hoppe auf Anfrage in Berlin. Er verwies auf neuere Forschungsarbeiten, bei denen Körperzellen erwachsener Menschen zu Stammzellen umprogrammiert werden. Dies sei ein hoffnungsvoller Ansatz und solle als ethisch unbedenkliche Forschung ausgebaut werden.

Der SPD-Forschungsexperte Rene Röspel erklärte in der Online-Ausgabe der Financial Times Deutschland (FTD): "Eine Vermischung menschlicher und tierischer Stammzellen verbietet sich aus ethischen Gründen." Von vornherein mit Mischzellen zu arbeiten, habe eine andere Qualität, als tierische Zellen ins menschliche Hirn einzusetzen. Und das sei schon höchst problematisch.

Die forschungspolitische Sprecherin der Grünen, Priska Hinz, bezeichnete das Experiment "ethisch ähnlich fragwürdig wie das Klonen von Menschen". Auch würden dadurch die ethischen Hürden in der Stammzellforschung weiter gesenkt. Ob derartige Chimär-Klonembryonen überhaupt mehrere Tage überlebten, sei wissenschaftlich höchst fraglich.

Die grüne Europaabgeordnete Hiltrud Breyer kritisierte, die Bundesregierung habe in der Debatte um eine neue EU-Richtlinie zu neuartigen Therapien eine strengere europaweite Regelung verhindert. Europaabgeordnete mehrerer Fraktionen hätten vergeblich versucht, ein Verbot der Chimärenforschung durchzusetzen, sagte Breyer in Straßburg. Die Bundesregierung müsse sich jetzt auf europäischer Ebene für das Aufhalten dieser bioethischen Rutschbahn einsetzen.

Dagegen befürwortete der stellvertretende Vorsitzende des Nationalen Ethikrates, Jens Reich, unter bestimmten Bedingungen Chimären-Experimente. Solange es um zellbiologische Experimente gehe, sei die Fusion menschlicher und tierischer Zellen statthaft, sagte er FTD-Online. "Tierische Organismen als Chimären aus verschiedenen Arten herzustellen, ist aber unzulässig", betonte Reich. Er halte die Versuche in der Grundlagenforschung für vertretbar. Er sei aber auch nicht grundsätzlich gegen das Klonen von Zellen für Forschungszwecke.

Reaktionen der Kirche
Der vatikanische Bioethik-Experte, Bischof Elio Sgreccia, sprach von einem "monströsen Akt" gegen die menschliche Würde. Auch ehrenwerte Forschungsziele wie die Heilung von Alzheimer oder Parkinson dürften nicht durch die Nutzung niederträchtiger Mittel erreicht werden, sagte der Präsident der Päpstlichen Akademie für das Leben der italienischen Tageszeitung "Corriere della Sera"
(Donnerstag).

Der katholische Rottenburger Bischof Gebhard Fürst, der von 2001 bis 2005 Mitglied des Nationalen Ethikrats war, warf den Forschern "Missachtung eines ethischen Tabus" vor. Unter dem Vorzeichen ungedeckter medizinischer Heilsversprechen werde die Instrumentalisierung des Menschen immer weiter vorangetrieben.