Kardinal Dziwisz fordert Absetzung von "Radio Maryja"-Chef

Rydzyk unter Druck

Im Dauerstreit um den Kirchensender "Radio Maryja"
wendet sich das Blatt nach Ansicht polnischer Medien gegen Programmchef Pater Tadeusz Rydzyk. Die Krakauer katholische Wochenzeitung "Tygodnik Powszechny" veröffentlichte die Forderung des Krakauer Kardinals Stanislaw Dziwisz nach einer Neubesetzung der Senderleitung, die dieser bei einer Tagung der Polnischen Bischofskonferenz Ende August geäußert hatte. Demnach hält der frühere Sekretär von Papst Johannes Paul II. einen neuen Vorstand für "Radio Maryja" und den angeschlossenen Fernsehsender "TV Trwam" für "unbedingt notwendig", weil Rydzyk die Einigkeit der Kirche bedrohe.

 (DR)

Die Zeitung zitiert Dziwisz mit den Worten: "Es ist die Zeit gekommen, um in Verantwortung vor dem Heiligen Vater und der Kirche sowie vor denen, die nach uns kommen, ein endgültiges Wort in einer Grundsatzfrage zu ergreifen, die von 'Radio Maryja' provoziert wurde." Es gehe nicht allein um die Person des Direktors, sondern "um unsere Verantwortung für die Seelsorge, über die die Bischöfe allmählich die Kontrolle verlieren und die in andere Hände gerät". Das Blatt veröffentlichte den Text nach eigenen Angaben ohne Rücksprache mit Dziwisz.

Der "Radio Maryja"-Publizist Stanislaw Michalkiewicz kritisierte die Stellungnahme des Kardinals. Bislang habe die Kirche immer Meinungsverschiedenheit zugelassen und sich so von totalitären Systemen unterschieden, sagte er der Warschauer Tageszeitung "Rzeczpospolita". Es sei eine schlechte Idee, in der Kirche das Recht zur Äußerung verschiedener Meinungen abzuschaffen.

Bischöfe uneins
Polens Bischöfe sind bislang uneins darüber, wie sie mit Rydzyk umgehen sollen. Ein Großteil des Episkopats wirft dem Redemptoristenpater vor, die Kirche zu spalten. Die Bischofskonferenz beauftragte vor zwei Wochen drei Bischöfe damit, einen Brief an den Generaloberen der Redemptoristen, Joseph Tobin, zu verfassen. Der Inhalt wurde bislang nicht bekannt. Die Warschauer Provinz des Ordens kontrolliert die nach Hörerzahlen fünftgrößte Radiostation Polens.

Rydzyk stand wiederholt wegen nationalistischer und antisemitischer Aussagen in der Kritik. Bei einer Hochschulvorlesung soll der Pater Staatspräsident Lech Kaczynski als "Betrüger, der sich der jüdischen Lobby fügt", beschimpft haben. Tonaufnahmen zufolge behauptete Rydzyk weiter, die Juden wollten sich von Polen wegen des Pogroms in Jedwabne 1941 Milliarden Dollar erschleichen. Die Staatsanwaltschaft stellte ein Ermittlungsverfahren wegen Verdachts auf Volksverhetzung und Beleidigung ein.

Für eine Absetzung des "Radio Maryja"-Chefs hatten sich auch Ex-Ministerpräsident Tadeusz Mazowiecki sowie die Ex-Außenminister Bronislaw Geremek und Wladyslaw Bartoszewski ausgesprochen. Das Simon-Wiesenthal-Zentrum sammelte nach eigenen Angaben 25.000 Unterschriften für eine entsprechende Petition an den Vatikan.