Weiter Kritik an Schäubles Sicherheits-Plänen

"Schritt in Überwachungsstaat"

Unmittelbar vor den Beratungen von Innenexperten der Koalition über geheime Online-Durchsuchungen von Computern stoßen die Pläne von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble zur Einführung der umstrittenen Ermittlungsmethode weiter auf heftigen Widerstand. Außerdem wurde nun bekannt, dass Schäubles Pläne wohl noch deutlich weiter gehen als bisher angenommen.

 (DR)

Weitergehende Pläne
Nach Darstellung der "Berliner Zeitung" gehen Schäubles Pläne deutlich weiter als bisher bekannt. Wie das Blatt unter Berufung auf den Entwurf des Gesetzes für erweiterte Kompetenzen des Bundeskriminalamtes (BKA) berichtete, soll die Behörde für begrenzte Zeit auch ohne richterliche Genehmigung Online-Durchsuchungen vornehmen dürfen.

Zudem solle ein Zugriff auf Computer künftig auch dann erlaubt sein, wenn durch die Maßnahme unverdächtige Personen mitbetroffen sind. Das könnte der Fall sein, wenn mehrere Personen den betreffenden Computer nutzen oder der PC Bestandteil eines Netzwerks ist.

FDP: Eingriff in die Privatsphäre
Der FDP-Innenexperte Max Stadler lehnte am Freitag Online-Durchsuchungen generell ab, weil es sich dabei um einen Eingriff in die Privatsphäre handele, "der noch schwerer wiegt als der sogenannte große Lauschangriff".

Stadler monierte, Schäubles Pläne gingen "weit über das Ziel hinaus". Die heimliche Online-Durchsuchung schaffe Misstrauen und sei "ein Schritt in den Überwachungsstaat". Auch sei sie nicht erforderlich, da es genug Mittel zur Verhinderung terroristischer Anschläge gebe wie beispielsweise Telefon-Überwachungen oder die Beschlagnahme von Computern auf richterlichen Beschluss.

Zudem brauchten die Sicherheitsbehörden für ihre Arbeit auch das Vertrauen der Bevölkerung, aber mit den Vorschlägen des Innenministeriums werde dieses Vertrauen untergraben, argumentierte der FDP-Parlamentarier. "Was sollen die Bürger denken, wenn plötzlich E-Mails von Behörden kommen und in Wahrheit da Trojaner drinstecken, mit denen dann ihre Computer überwacht werden", fügte Stadler hinzu.

EU: Unvereinbar mit der Verfassung

Der Berater für Datenschutz der EU-Kommission, Spiros Simitis, kritisierte Online-Durchsuchungen als unvereinbar mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben.

Simitis mahnte, jeder Bürger müsse bei einer Mitteilung einer staatlichen Stelle davon ausgehen können, dass diese nicht versucht, damit an private Informationen zu gelangen. Er unterstrich zugleich, dass eine richterliche Genehmigung von Online-Durchsuchungen nicht ausreichend wäre. Diese Genehmigung sei ein Filter, der nur funktionieren könne, wenn von vornherein bestimmte Grenzen gesetzt seien, an die sich auch die Richter zu halten hätten. "Mit anderen Worten: Es ist ein erster Schritt, aber kein ausreichender Schritt. Wenn man auch den weglässt, gibt es überhaupt keine vorbeugende Kontrolle", warnte er.