Die Deutsche arbeitete in Afghanistan für eine christliche Hilfsorganisation

Entführte Deutsche wieder frei

Die in Afghanistan entführte Deutsche Christina M. ist von der afghanischen Polizei nach anderthalb Tagen Geiselhaft befreit worden. Das Auswärtige Amt in Berlin erklärte am Sonntagabend, die 31-Jährige befinde sich in der Obhut der deutschen Botschaft in Kabul. Die christliche Hilfsorganisation ora international, für die Christina M. arbeitet, verteidigte sich gegen Vorwürfe.

 (DR)

Die ARD berichtete, das Haus, in dem sich die Frau befand, sei in einer gemeinsamen Aktion von Kräften des afghanischen Innenministeriums und des Geheimdienstes gestürmt worden. Bei der Frau habe sich nur noch ein Bewacher befunden, der geflohen sei. Die 31-Jährige sei gesund.

Einige Männer konnten verhaftet werden. Die Geiselbefreiung sei den ganzen Tag vorbereitet worden. Sicherheitskräfte hätten ein ganzes Stadtviertel im Westen Kabuls abgeriegelt. Dann seien einzelne Häuser durchsucht worden. Der Sturm auf das Haus sei nach Mitternacht Ortszeit erfolgt. Bei den Entführern handle es sich offenbar um Kriminelle. Sie hätten wohl geglaubt, bei der Entführung einer Frau das meiste Geld herausschlagen zu können.

Gute Zusammenarbeit mit afghanischen Behörden
Steinmeier dankte der afghanischen Regierung und den Behörden des Landes für die enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit. "Ich bin sehr froh und erleichtert, dass die entführte Deutsche wieder in Freiheit ist", sagte er. Er dankte auch dem deutschen Krisenstab und der deutschen Botschaft in Kabul. Die Bundesregierung werde in ihren Anstrengungen nicht nachlassen, auch die Freilassung des entführten deutschen Ingenieurs zu ermöglichen.

Christina M. war am Samstag von bewaffneten Männern aus einem Kabuler Imbiss verschleppt worden. Sie leitete das Büro von ora international in Kabul. Am Sonntag hatte ein afghanischer Fernsehsender ein Video der Entführten gezeigt.

Die Entführung der Mitarbeiterin in Kabul hatte bei der Hilfsorganisation Bestürzung ausgelöst. "Wir haben natürlich eine sehr unruhige Nacht hinter uns", sagte der Geschäftsführer Matthias Floreck am Sonntag dem epd.

Ora: Wir waren nicht unvorsichtig
Ora-International-Sprecher Ulf Baumann betonte: "Wir sind ganz sicher nicht unvorsichtig oder dumm vorgegangen." Die Organisation sei seit 1991 in Afghanistan tätig und habe viele Erfahrungen in dem Land gesammelt. Christina M. sei nach ihrer Ankunft in Kabul von langjährigen Mitarbeitern eingewiesen worden und habe ein Sicherheitstraining erhalten. Außerdem sei ora international an ein Sicherheitsnetz ausländischer Organisationen in Afghanistan angeschlossen und habe regelmäßig per E-mail Warnungen der deutschen Botschaft erhalten. Die Organisation hat Baumanns Angaben zufolge 20 ausländische Mitarbeiter in Afghanistan, unter ihnen Holländer und einen Amerikaner.

Nach einem Bericht der "Stuttgarter Nachrichten" (Montagausgabe) hatte Christina M. geplant, im Oktober nach Baden-Württemberg zurückkehren, um in der Heimat ihr erstes Kind zur Welt zu bringen. "Sie haben sich in dem Land gut eingelebt, erstaunlich schnell die afghanische Sprache gelernt und etliche Hilfsprojekte auf den Weg gebracht", sagte Albrecht Hauser, Pfarrer im Ruhestand aus Korntal-Münchingen, der Zeitung. Er habe die Frau und ihren Mann, einen Ingenieur, noch im Mai in Kabul besucht.

Lebenszeichen der zweiten deutschen Geisel
ARD-Reporter aus Kabul berichteten am Sonntagabend in der ARD-"Tagesschau", sie hätten mit dem 62-jährigen Rudolf B. telefoniert. Er habe beklagt, dass sich sein Gesundheitszustand verschlechtere und er frage sich, warum nicht endlich gezahlt werde, um diese Sache zu beenden. Rudolf B. habe gefordert, die deutsche Botschaft müsse mehr Druck auf die Entführer ausüben. Auf Nachfrage hätten deutsche Behörden bestätigt, dass es sich tatsächlich um die Stimme von Rudolf B. handle.