Kirche und Schützen streiten um Trompetenklänge bei Trauerfeiern

Misstöne am Grab

Es klingt nach einer leicht bizarren Auseinandersetzung. Dem Schützenverein in Berge hat das Bistum Osnabrück untersagt, bei Begräbnissen während des Herablassens des Sarges die Melodie von "Ich hatt' einen Kameraden" zu spielen. Begründung: In diesem Moment solle Stille herrschen. Seitdem wird in dem sonst beschaulichen 3.000-Seelen-Ort unweit der Bischofsstadt heftig um die Trompetenmusik auf dem Friedhof diskutiert.

 (DR)

Der Vereinsvorstand hat die Haltung der Kirche inzwischen akzeptiert. Etwas Verbitterung bleibt dennoch zurück.

Der Streit hatte Mitte Mai begonnen, als Pfarrer Hubert Schütte, bis dahin in Nachbargemeinden tätig, erstmals ein katholisches Begräbnis in Berge leitete. Er störte sich an dem Trompetensolo, für das die Schützen eine 60-jährige Tradition geltend machen.

Einen Kompromissvorschlag, den von Ludwig Uhland im Jahr 1809 gedichteten Choral erst nach Abschluss der Begräbnisliturgie zu intonieren, wollte der Verein nicht akzeptieren. Ein klares Nein kam dazu von Schützenpräsident Andreas Markus.

Der Osnabrücker Generalvikar Theo Paul beruft sich darauf, dass es nach den Regeln für kirchliche Begräbnisfeiern angemessen sei, das Absenken des Sarges in Stille zu vollziehen. Ähnlich sieht es Pfarrer Schütte. Gegen Trompetenmusik nach dem liturgischen Teil hat die Kirche nach eigenem Bekunden aber nichts einzuwenden. Ob es auch Lieder der Beatles oder aus dem Film "Titanic" sein müssen, wie in Berge offenbar vorgekommen, ist eine andere Frage.

Wegen der Misstöne am Grab stehen bei der Bistumsverwaltung die Telefone nicht mehr still. Es gebe "laufend Anrufe aus Berge", sagte ein Sprecher der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Dabei sei es auch um Kirchenaustritte gegangen. Ein offenbar empörter Anrufer habe gleich 300 Austrittsformulare angefordert. Dafür zuständig ist aber nicht die Diözese, sondern das örtliche Standesamt. Von nennenswerten Veränderungen bei Ein- oder Austritten ist dort allerdings nichts bekannt.

Schützenpräsident Markus distanziert sich von Austrittsdrohungen. Dennoch sei er "tief enttäuscht" von der Kirche, sagt er. Der Streit habe lächerliche Züge angenommen. In den kirchlichen Bestimmungen finde sich kein Wort über die geforderte Stille. Der Schützenpräsident verweist überdies auf das Begräbnis des österreichischen Ex-Bundespräsidenten Kurt Waldheim vor wenigen Wochen in Wien. Als dessen Sarg in die Gruft hinabgelassen wurde, ertönte ebenfalls "Ich hatt' einen Kameraden". Leiter der Zeremonie war Wiens Kardinal Christoph Schönborn.

"Wir würden uns sehr freuen, wenn wir noch eine Begründung vom Bistum bekämen", so Markus. Er sieht auch die örtliche Ökumene angekratzt, da der evangelische Kirchenvorstand in Berge sich eindeutig für Musik beim Herablassen des Sarges ausgesprochen hatte. Die Friedhöfe der beiden Konfessionen, nur wenige hundert Meter voneinander entfernt, werden sich künftig auch in der Musik unterscheiden.